Sie fühlt sich abgehängt: Monika Prüßner lebt seit wenigen Monaten in ihrem Elternhaus in Dersenow.W eil der „Nahverkehr eine Katastrophe“ sei, beschweren sie und ihr Mann sich beim Landrat. Mit Beispielen, wie schlecht die Anbindungen in der Region sind.  - FOTO: NIEN



 

am 12.September 2012
in der SVZ (Hagenower Kreisblatt)



Bus verpasst – Dersenower abgehängt

Problemkind Nahverkehr: Ehepaar ärgert sich über die schlechten Anbindungen und beschwert sich beim Landkreis – die Antwort: „unbefriedigend“
Dersenow

Wer auf dem Land wohnt, ist abgehängt. Vor allem, wenn man aufs Auto verzichten muss oder möchte. Das haben Monika und Christel Prüßner jetzt zu spüren bekommen. Ihrem Unmut über die eingedampften Busverbindungen des öffentlichen Nahverkehrs der LVG haben die Neu-Dersenower in einem Schreiben an Landrat Rolf Christiansen Luft gemacht. Die Antwort: „Derzeit wird im Landkreis ein Regionaler Nahverkehrsplan aufgestellt, in dem der Kreistag beschließt, wie der ÖPNV im Landkreis künftig gestaltet werden soll. ... Es wird jedoch auf Grund der räumlichen und finanziellen Gegebenheiten nicht möglich sein, alle individuellen Wünsche zu berücksichtigen.“

„Nicht befriedigend. Aber immerhin kam eine Antwort“, entgegnet Monika Prüßner. Sie ist im Juni von Hannover nach Dersenow gezogen, in ihr Elternhaus. Ihr Mann kommt im Oktober nach, wenn er in Rente ist. Mit Auto. Solange muss die 60-Jährige alleine zurecht kommen. Erst am Montag hat sie wieder die Tücken des Nahverkehrs zu spüren bekommen. Ihr Zug aus Hamburg hat Verspätung. Fünf Minuten. Damit ist der letzte Bus an diesem Tag von Boizenburg Richtung Dersenow weg. Gegen 15 Uhr wäre die letzte Gelegenheit gewesen. Für die hat sie sich einen Tag zuvor extra angemeldet. „Da bleibt dann nur noch das Taxi“, sagt Monika Prüßner. Und das kostet. 22 Euro muss sie für die Rückfahrt blechen. „Viel Geld“, so die gebürtige Dersenowerin.

So erlebt sie es öfter. Vormittags kurzfristig zum Arzt fahren, sei kaum möglich. „Hin komme ich ja noch.“ Zurück kann sie erst wieder gegen 15 Uhr oder früher mit dem Taxi. Genauso aufwendig sei die Fahrt zum Gesundheitsamt nach Ludwigslust – ein Tagesausflug für einen zehn Minuten Pflichttermin. „Diese Fahrt dauert zwei Stunden und 40 Minuten, inklusive zweimal Umsteigen“, schreiben sie als Beispiel an den Landrat. „Rückfahrt dann mit viel Glück schon nach einer Stunde. Mit dreimal Umsteigen alles in allem zwei Stunden.“ Hinzu kämen die vielen komplizierten Fahrpläne in der Region, die keine Anschlusslinien aufzeigen. Mit solchen Verbindungen würde der Landkreis auch noch die wenigen letzten Fahrgäste vergraulen.

Dabei wissen die Prüßners, dass es auch anders geht. Der Raum Hannover sei vergleichbar mit dem Ludwigsluster, so Christel Prüßner. Der angehende Rentner arbeitet außerhalb der Stadt. Alle zwei Stunden kommt er dort mit dem Bus hin und her. Abends und auch am Wochenende. „Die Busse sind voll“, sagt auch seine Frau Monika. „Das klappt so gut, dass der dortige Nahverkehr einen Zuwachs an Fahrgästen verzeichnet.“

Dass der hiesige ÖPNV „eine Katastrophe darstellt“, wussten die Prüßners, die trotzdem gerne ins schöne Mecklenburg gezogen sind. „Aber dass man das ohnehin schon kundenferne Angebot auch noch weiter herunterfahren kann, hätten wir ausgerechnet in diesen Zeiten nicht erwartet“, so das Ehepaar. Um die Umwelt zu schonen, wollen beide auch künftig den Nachverkehr nutzen, so es denn geht. Trotz Auto. Ihr Wunsch: „Buslinien verstärken reicht nicht“, sagt Christel Prüßner. Neue Systeme müssten her. Unternehmer mit Taxen ins Boot holen etwa, oder Ruftaxen und Bürgerbusse.

Franca Niendorf