Ich bin getauft"
Matthäus 28 16-20

6. Sonntag
nach Trinitatis

15. Juli 2012

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus

In unserer Bibel gibt es Texte, an denen sich die Theologen gerne die Zähne ausbeißen, sich gut und heftig ereifern können, wo Wissen gegen Ansichten und Vermutungen gestellt werden... Und das Ergebnis ist ein entschiedenes „...aber ich bleibe bei meiner Meinung!“

Bei den Stichworten und damit bei den Inhalten unseres christlichen Glaubens gibt es Ecken und Nischen, da sollte man auch nicht unbedingt zu viele verschiedene Theologen in einem Raum unbeobachtet allein lassen, denn das wäre für diese schon eine gefahrvolle Situation, nur wegen der wahrhaftig unterschiedlichen Ansichten und Anschauungen...

Und beide Hot Spots – heiße Punkte treffen in dem Text zusammen, der heute das Stichwort liefert...

Mt. 28, 16 - 20

Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte. Und als sie ihn sahen, fielen sie vor ihm nieder; einige aber zweifelten. Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und macht zu Jüngern alle Völker: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Sollte ich hier von dem wissenschaftlich geführten Streit um die Überlieferung dieses Textes berichten – es wäre schon eine spannende Aufgabe – und wie gesagt: durchaus auch heikel und leicht gefahrvoll.

Es geht bei den Auseinandersetzungen gerne um die Frage, hat das wirklich Matthäus geschrieben, oder ein ganz anderer, ist es nicht ohnehin eine vollkommen frei erfundene Geschichte, ist es nicht vielleicht...

Wenn wir heute wenigsten so viel Sorgfalt beim Erstellen einer einzigen Tageszeitungsausgabe walten lassen würden...

Das Stichwort ist erkennbar die Taufe oder richtiger: der Auftrag an die Jünger Jesu andere Menschen zu taufen... – und schon stehen die Kontroversen an der Wand: Kindertaufe, Taufbekenntnis, Wassertaufe, Symbol und Handlung, wer darf taufen, wann darf man taufen, wann ist es eher nicht möglich,...

Und schon sind wir genau in der Sackgasse angekommen, in der sich bereits die vielen anderen versammelt haben, denen es um die scheinbare Wahrheit geht. – Das ist meine schlichte Einsicht: Sackgasse, verdammt eng, überfüllt und über die Maßen laut – von Besinnung keine Spur, denn alle wollen weiter geradeaus – mit dem Kopf durch die Wand.

Lassen wir uns einfach mal einladen – nach Galiläa – zusammen mit den Jüngern – sie haben eine „stressige“ Zeit hinter sich. Verhaftung des Jesus, Anklage, Verurteilung, Hinrichtung – und dann die Entdeckung der Frauen. Diese erzählen von einem leeren Grab und einer Engelerscheinung, und dem Hinweis nach Galiläa auf den Berg zu kommen... – Ach ja, genau!

  • WOHIN bitte sehr?

Und damit beginnt eine ganz neue Geschichte; - die eigentlich wirklich unendliche Geschichte der Christen wird es sein. – Denn aus der Ferne hört sich das doch alles recht konkret an... ich stelle mir das vor, In Hannover auf dem Seelhorster Friedhof sagt mir die Botschaft: Treffpunkt ist der Berg im Calenberger Land!

Ich kann nicht erkennen und entdecken, wie die Jünger des Jesus damit umgegangen sind – was sie danach zu rätseln hatten oder auch nicht. – Ich kann nur entdecken: Sie machten sich auf den Weg und gingen in die Provinz Galiläa – hier hatten Sie mit Jesus viele eindrucksvolle Erlebnisse, hier wohnten die Eltern von Jesus in Nazareth, hier befindet sich der von Bergen eingefasste See Genezareth...

Wenn ich mich in die Reihe der Jünger schummele, dann höre ich neben mir: Wir gehen einfach hin und wir werden den richtigen Weg schon finden, auch den richtigen Berg.

Ich erfahre von keiner Zeitspanne des Weges, ich erfahre nichts von irgendwelchen Hinweiszeichen, von Misserfolgen, oder Streitigkeiten, oder von was auch immer... und das alles wird es gegeben haben, ganz bestimmt! – So verschieden, wie diese Jünger allein schon in ihren Personen zueinander waren. Aber sie blieben zusammen, es war ihr gemeinsamer Weg. Keiner hätte ihn für sich allein geschafft. Der Ansporn des anderen, das Mutmachen, das gedanklich stützen einer Gemeinschaft.

Und dann auf einmal – sie erleben die Gegenwart Jesus – alle – das Erhoffte, aber das nicht so richtig Erwartete wird für sie erkennbar. – Sie fühlen sich ganz klein, ganz ergeben von diesem Geschehen. – Wie kann das sein? – eigentlich im Tod doch so fern und dann so spürbar nah; - das zwingt sie auf die Knie. – Gleichzeitig sind die Zweifel wieder da! – Träume ich? Phantasiere ich? – Werde ich jetzt doch krank im Kopf?!

Und nicht genug der Nähe, Jesus kommt auf sie zu, er kommt auf mich zu - auf den neben mir auch – ich bemerke die Anspannung im Gesicht meines Nachbarn.

Dann kommt zu der Spur der Erfahrung die Spur des Erkennens. – Zur Einsicht gesellt sich die Erkenntnis.

Sie hören Jesus zu sich sprechen. Und sein erstes Wort ist eine Art Ausweis, das Vorzeigen eines Dokumentes: Freunde was jetzt kommt geschieht nicht aus Jux und Tollerei, sondern ich gebe es im Auftrag an Euch weiter. – Ich besitze dafür die umfassende Vollmacht:

Und es folgt ein Auftrag der mit einer eigenen Bewegung meinerseits verbunden ist: „Gehet hin!“ – in einer anderen Übersetzung heißt es „wandert nun“ – oder auch „begebt Euch auf den Weg!“ – Ich muss mich also aus der Position der unterwürfigen Ergebenheit erheben, mich auf gleiche Augenhöhe begeben. – Meinen Blick nach vorn richten, einen Weg suchen.

Und dann der Auftrag zur Befreiung – „lasst Jünger werden alle Völker“ (W.Grundmann) – gebt ihnen die Chance, schenkt ihnen die Möglichkeit – „in dem Ihr sie tauft auf den Namen des Vater, des Sohnes und des Heiliges Geistes“ –

Und wer diese Befreiung annimmt, der bekommt mit der Taufe die ebenfalls vervielfältigte Vollmacht, alles gut zu bewahren, nicht in einem Safe, nicht in einem Bankschließfach, nicht geheim in der Schatzkiste tief im Garten, in den Herzen wieder anderer Menschen. – so wie ich es Euch aufgetragen habe.

Diese Vollmacht zur Befreiung der Menschen wird uns mit der Taufe – Tropfen für Tropfen – übergeben. Und dennoch bekommt sie erst ihren Sinn in der Umsetzung, im Einsatz.

Ich bin als Einzelner beauftragt und gehöre dennoch zu einer reichlich verrückten Gruppe unterschiedlichster Menschen, nicht immer einer Meinung, nicht immer in gemeinsam guter Stimmung. – Manches Mal voller Zweifel, aber dann auch wieder gehalten von den anderen neben mir. Ob in einem Ort, in einem Kreis, in einer Familie, in einem Betrieb, in einem Staat, oder gar in einer Theologenrunde...

Und wenn es irgendwann dann mal nicht mehr weitergehen will, wenn scheinbar mal wieder eine Sackgasse so richtig fesch deutlich wird... Dann nicht mit der Kopf durch die Wand, sondern einfach so wie Luther damals:

Mit dem Tintenfass den Teufel erschlagen und dann auf ein großes Blatt Papier die Worte schreiben:

Ich bin getauft – also, was kann mir schon passieren! Ich bin so frei! – also gehe ich hin, wieder zurück auf dem Weg um die richtige Richtung einzuschlagen und anderen von dem Erlebten zu berichten – und ihnen auch von der Freiheit einen Ableger zu schenken!

Ich bin getauft – damit das klar ist!

AMEN

christel prüßner, hannover

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