.

Joh. 7, 37 - 39

Exaudi

12 Mai 2013

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus

    In den letzten Tagen konnten wir (endlich) wieder einen Vorgeschmack auf die warme Jahreszeit bekommen, - und wenn dann dazu auch noch eine sehr trockne Luft kommt...
    Selbst ein Glas Wasser kann dann die Lebensgeister wieder wecken – und das auch, wenn zuvor gar nicht so der eigentliche Durst vorhanden war, - also noch kein Getränk gewünscht war. Allein dieses Spüren auf der Zunge, im Mund – diese Spur eben, die sich da ausbreitet,
    da tut sich was in mir und es nimmt mich in Besitz.
    Und wie ist das bei Ihnen jetzt? Kommt da schon eine kleine Durst-Spur?
    Und wie erst der Effekt bei dem Menschen, der wirklich Durst nach einem Getränk wahrnimmt. Manchmal sagen wir dann auch nach dem ersten Schluck:
    das zischt geradezu, so ausgetrocknet war ich.
    Wem es gelingt, sich dieses Empfinden um Durst und Durstlöschen in Erinnerung zu rufen, dem wird vielleicht auch der folgende kurze Textabschnitt aus dem neuen Testament leicht verstehbar sein.
    Joh. 7, 37 - 39Bei einem der großen Fest nahm auch Jesus teil und sprach die Menschen an:
    Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke,
    38 wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.
    39 Damit meinte Jesus den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben; denn der Geist war noch nicht gegeben, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.
    Das mit dem lebendigen Wasser hat es besonders in sich. Ich muss dabei an so viele Beispiele denken, die mir in meinem Leben bis heute begegneten. Ich weiß noch die kleine Quelle hoch oben in den Alpen, bei den Wanderungen zur Hütte hinauf und wieder abwärts freute ich mich schon beim zweiten Mal darauf, dort wieder vorbei kommen zu können. Es schmeckte einfach gut und es tat auch so gut, dieses Wasser zu trinken, es weckte geradezu die Lebensgeister. – War es nur eine Einbildung, oder ein Selbsteinreden? - mir soll die Antwort „wurscht“ sein, es hat geschmeckt, und es hat bei dem für mich immer mühsamen Abwärtsweg als lang anhaltende Erinnerung Kraft gegeben... Später erzählten selbst junge Menschen, mit denen ich da oben vorbei kam, wie gut es ihnen tat, davon zu trinken, es habe besser geschmeckt, als das Mineralwasser aus der Flasche drunten im Ort.
    Auch erinnere ich mich an den Fluss in Tirano, gleich neben dem Hotel, - wegen des andauernden Regens an den Tagen zuvor in den Bergen, führte dieser Fluss viel Wasser und allein sein Rauschen übertönte draußen auf der Straße den Lärm der Autos und im Haus war die ganz Nacht über das Poltern der Wackersteine zu hören, die der Kraft des Wassers nichts entgegenzusetzen hatten und mitgerissen wurden, sie polterten geradezu durch das Flussbett und es hörte sie im Haus so kraftvoll an – und auch dieses Wasser diente den Menschen als Lebensmittel, mit seiner erkennbaren Kraft, wurde es in die Wasserleitungen gelenkt, diente etwas weiter zur Stromgewinnung.... und so könnte ich jetzt allein die Wassergeschichten aneinanderreihen – der gesunde Schlaf über drei Wochen neben einem laut rauschenden Wildbach – es war immer eine Wohltat!

    Der bildgewaltige Prediger Johannes hat ein für seine Zuhörer kräftiges Bild von Jesus nur sehr knapp übernehmen brauchen, keine lange Ausweitung, keine umfassenden Beispiele, die Menschen in Israel wussten und wissen, was ihnen das Wasser bedeutet, das es mehr ist, als nur ein Transportmittel für Dreck und Schiffe, sie kennen die Zeit ohne Wasser schon bestens, sie kennen seine fruchtbringende Kraft aber auch seine reinigende Zerstörungskraft. Sie wissen davon, dass ihr Leben – dass das Leben überhaupt ohne Wasser nicht möglich ist und Jesus kann darum genauso wie Johannes ohne Schnörkel auf dieses Bild eingehen.
    Der Text spielt etwa ein zwei Jahre vor der Tötung des Jesus und er spielt bei einem eigentlich recht großen und wichtigen Fest der Juden. Eine wichtige Rolle spielt bei diesem Fest auch das Wasser – mit den dazu gehörenden rituellen Handlungen... Ich habe mir die knappe Schilderung einfach mal übertragen in unsere Zeit - hier her zu uns - vorgestellt.

    Ostern und Himmelfahrt liegen hinter uns Pfingsten folgt in Kürze – mal so unter uns: sind es die wichtigsten – wirklich: die wichtigsten Feste für uns? – nun gut, wir feiern sie noch – so gut wir können, mindestens mit einem oder zwei arbeitsfreien Tagen... – feiern? – kann man das Feiern nennen? – darüber sollte ich besser nicht streiten wollen - - - KEINE SORGE!! – es ist ähnlich der Situation damals, man nimmt dieses große Fest noch wahr, pflegt mehr oder wenige stark die Rituale, -
    und gar nicht mal so tief da drinnen wissen die wohl meisten nicht einmal mehr, warum sie da noch mitspielen, mitmachen, mitfeiern... – Ich rede vom Damals – auch wenn es wie heute ist! Und ich sehe die Szenerie vor mir, wie oberflächlich das Spiel mit dem Wasser am Siloah-Teich aus den Gesichtern der Menschen zu lesen war... jeder schaut nach dem anderen, wie macht der das, um ja nicht aufzufallen...

    EG-NB 604 Wo ein Mensch Vertrauen gibt

      1. Wo ein Mensch Vertrauen gibt,
      nicht nur an sich selber denkt,
      fällt ein Tropfen von dem Regen,
      der aus Wüsten Gärten macht.

      2. Wo ein Mensch den andern sieht,
      nicht nur sich und seine Welt,
      fällt ein Tropfen von dem Regen,
      der aus Wüsten Gärten macht.

      3. Wo ein Mensch sich selbst verschenkt,
      und den alten Weg verlässt,
      fällt ein Tropfen von dem Regen,
      der aus Wüsten Gärten macht.


    Nun könnte Jesus hingehen und eine hoch-wertvolle Predigt halten, kann dreißig vierzig Zitate der alten Bibel in den Raum stellen und den Menschen die Worte um die Ohren schlagen – Worte, die sie gar nicht betroffen machen, die sie gar nicht erreichen – noch lange nicht, weil die Ohren längst auf die anderen Wellenlängen des Alltags gepolt sind. Die pulsenden Handys, die eMails, die neuesten Werbedurchsagen – Heute müsste ich diesen Zustand noch greller beschreiben – allein im Theater in Schwerin war vor geraumer Zeit zu beobachten, wie an den verschiedensten Plätzen mitten in der Vorstellung des Solisten (in diesem Fall „Heinz Becker“) immer wieder Handys aufflackern, wichtigste Mitteilungen gelesen oder gar Antworten dazu eingetippt werden... – wer schon mal bei einer „größeren“ Beerdigung am hintersten Rand gestanden hat, der staunt, wie viele wichtige Telefonate selbst bei so was Banalem wie der Bestattung eines Menschen geführt werden müssen.
    Wer Durst hat, komme zu mir,
    und es trinke, wer an mich glaubt.

    Wer Durst hat... -
    Nicht: Für wen es geil ist zu saufen.

    Ich werde genau an dem wunden Punkt angesprochen, bei meinem Durst, zu dem ich mich bekennen muss. Durst nicht allein nach Wasser oder Wein oder Bier oder Brause oder Kaffee – es geht auch um den Wissensdurst und um die Seele, die nach Liebe dürstet... Eins nach dem anderen – jetzt erst den nächsten Schritt – Du hast Durst, - vertraust du mir, dann magst du jetzt auch trinken, - in Dich aufnehmen, dich stärken, - dich erfrischen lassen,... Das ist mehr als nur ein Schluck Wasser oder einmal am Weinglas nippen. – Nimm es in Dir auf, lass es in Dir Raum gewinnen, sich ausweiten und in Dir Wirkung verbreiten.
    Darum ist dieser winzig kleine Bericht von damals heute noch so hautnah spürbar – ob es das Schützenfest oder das Hyazinthen- / Maschseefest, das Alstervergnügen oder was auch immer ist – selbst der Tag der Deutschen Einheit... wir feiern alles nur noch oberflächlich, und wir nehmen teil, weil wir trotzdem etwas suchen, vermissen – zu finden hoffen:
    angenommen werden, akzeptiert werden, angesprochen werden, Bekräftigung erfahren für den Alltag, für das Leben überhaupt - die notwendige Kraft geschenkt bekommen.

    Und das alles kann ich nicht mit zwei Euro fünfzig am Würstchenstand kaufen oder mit einer Freirunde Lüttje-Lage im Bierzelt, dazu gehört viel mehr – dazu gehört ein offenes Ohr, ein freies Herz und ein spürbar guter Geist.
    Johannes muss von dieser kleinen und doch verblüffenden Szene so ergriffen worden sein, dass er sie beinahe unvorbereitet in seinem Evangelium hatte einfließen lassen...
    Hingehen - die Menschen ansprechen – einladen und ihnen dann den Durst löschen! – einfach so. Die Menschen werden staunen, denn darauf warten sie eigentlich, aber sie haben das Hoffen beinahe schon aufgegeben.

    Und heute dürfen wir als Christen hingehen – ansprechen – einladen und den Durst stillen! – es ist unsere Aufgabe – und dann gehen die Menschen nach Hause und zehren von dem frischen Wasser, das ihnen begegnete
    und von dem kraftvollen Strom, der sogar schwerste Steine aus dem Weg schaffen hilft
    und von dem beruhigenden Strom, der ihnen einen ruhigen Schlaf schenkt.

AMEN

christel prüßner, Dersenow (2013)

   logo2001mini.JPG

^