Auf den Kern kommt es an
Johannes 15, 1-8

Jubilate
(im Rahmen Konfirmation) 

2. Mai 2004

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus

(Mit schwarzer Baseball-Kappe auf dem Kopf und Warenkorb mit Bibel, Gesangbuch, Mappe, Geschenken)

Es gibt Momente im Leben, da treffen Dinge auf einander, die stehen in einem krassen Widerspruch zu einander, zumindest macht es auf den ersten Blick den Eindruck!

 

Ich denke nur einmal an diesen Tag heute. Ein ganz normaler Sonntag, - sicherlich, er hat auch seinen Namen („jubilate“ - „freut euch“) und damit ist er ja schon etwas besonderes - aber wen interessiert das wirklich?!

Und da sehe ich Euch - vorhin beim Foto, dann noch vor dem Gottesdienst in der Schule nebenan. - So verändert, so ganz anders - seid Ihr nun ganz andere?

 

Ich muss mich an die Zeit vor einigen Jahren erinnern, nebenan im Dorfgemeinschaftshaus, mit Euch - an das erste Mal, an kleine spätere Episoden... und dann seid Ihr da im Pfarrhaus in Eldagsen - ein kleine verschworene Gemeinschaft - Alferde gegen den "Rest von Eldagsen".

Seid Ihr andere geworden?

Und genau im Blick auf Euch musste ich an die Geschichte von der überfüllten Hölle denken - grrrr - garantiert denken jetzt wieder da und dort in den Bänken zwei drei Menschen etwas vollkommen falsches - denn wer das falsch versteht, der Euch gar nicht richtig, der hat Euch nicht erlebt.

Fange ich bei dieser Kopfbedeckung an (ich will sie endlich loswerden!) - Keine Sorge, Details werden hier nicht genannt, aber ich verrate bestimmt kein Geheimnis, dass so ein Teil bis hier in die Kirche hinein ein Markenzeichen wurde. Sie gehörte scheinbar dazu - nur zum Konfirmationsanzug? Mmmh. Ihr vier seid Euch so was von treu geblieben, dass ich mich für die Menschen freue, die Euch in den nächsten Jahren begegnen dürfen. Mit Euch macht es Spaß, sich zu streiten, zu ärgern, und sich für etwas einzusetzen. Ihr habt jede und jeder Eure Persönlichkeit in die Dinge getragen, wie es Euch möglich war. Dass wir uns dabei nicht immer einer Meinung waren, das war gut so.

 

Und wenn ich da an den Typen denke, der da mehr aus Versehen vor der Tür zur Hölle steht und jedem Ärger aus dem Wege geht, sich nicht einmal erkennbar bemüht einen anderen Weg zu finden. - Genau das ward und seid Ihr nicht. - Und wenn ich die Geschichte von Calderon mal einfach so weiterdenke: Der Teufel hätte mit Euch zur Zeit jedenfalls auch ganz schön zu tun, denn mit dem müsste Ihr sicherlich auch erst mal alles durchdiskutieren... Oder ich muss an eine Episode im Dezember denken, kurz vor Weihnachten: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass diese Alferder Konfirmanden sich den doofen Typen da an der Tür, der irgendwie im falschen Programm gelandet scheint, zur Brust nehmen und dem erst mal den Weg weisen, wo es wirklich lang geht - so geschehen, life hier in Alferde - gelle?!

Und das ist dann eben auch die Brücke zu dem Text (Joh.15,1-8), den Frau Metz vorhin vorgelesen hatte - nicht extra für die Konfirmation heute ausgesucht, sondern er wird heute in allen Gottesdiensten verlesen. - Das Bild vom Weinstock und seinen Reben. Ein gemeinsamer Kern, ein gemeinsamer Stamm, eine Wurzel auf der alles bauen, von der alles leben kann. - Wie sich jeder von uns hier in dieses Bild einbringen mag, intensiv oder interessiert oder distanziert, es verliert kein Stück von seiner Gültigkeit. Sie können es als Eltern und Paten versuchen, es wird gelingen; - Das Bild passt auch jeden von uns hier! Ich habe eine Wurzel, die Wurzel bin nicht ich, sondern ich lebe aus einem Stamm und stelle einen Zweig, eine Rebe dar, die wiederum Früchte tragen sollte, damit das mit geschenkte Leben einen Sinn erhält. Das ist keine Frage des Alters; bei der Frucht selber spielt deren Aussehen und Gewicht auch keine Rolle, sie sollte aber einen lebendigen guten Kern in sich bergen. - Der schlechte Kern wird in der Geschichte von der Hölle überaus deutlich dargestellt, selbst dem Teufel gruselt es vor dieser Frucht, die sich da an ihm vorbei drückt. Ein Mensch ohne jede Verantwortung, ohne jede Einsicht, ohne jedes Mitgefühl.

Indem ich mich als Christ bezeichne, oder vielleicht auch nur verblümt vom christlichen Abendland fasele spreche ich aus, dass meine Orientierung sich am Leben und Wirken des Jesus von Nazareth orientiere und damit Gottes guten Wegweisungen folgen will - dass ich meine Kraft als Rebe aus einem stabilen Stamm ziehe und diese Kraft vervielfältigen will.

 

Aber da geht es dann ja schon los: WIE GEHT DENN DAS - ausgerechnet in „diesen unseren“ Zeiten; in denen doch jeder erst einmal an sich denken muss. - Ich könnte es allein mit der flappsigen Wendung ausdrücken:

„Nehmt Euch ein Beispiel an den Alferdern“, - ob sie Konfirmanden sind oder was anderes. Sie können einen mit ihre Ortsbezogenheit ja manchmal mächtig auf den Keks gehen. Aber wenn es drum geht, denn geht es um Alferde und nicht um ICH - komisch, aber es klappt tatsächlich. Es muss eine gute Mischung sein: aus Selbstschutz und Gemeinnutz. Wenn ich als getaufter Christ mir meiner Verantwortung für die Menschen um mich herum bewusst bin und den mir möglichen Einsatz bringe, dann hat der Teufel nicht mit dem Problem der Überfüllung zu kämpfen und die Reben am Weinstock bringen einen prächtigen Jahrgang hervor - reiche Ernte - hervorragendes Bouquet - guter Geschmack... Dann haben die Früchte an den Reben gute Kerne.

 

Und der gute Kern, wo - wie sehe ich dem an, dass er wirklich gut ist? - das ist schwer.

- Moment mal....

(die vier scheinbar gleichen Geschenke aus dem Korb - jeweils: Überraschungsei, in bunter Serviette, dazu Konfekt, in großes stabilies Trinkglas, in Geschenkpapier verpackt)

Ich habe hier vier verpackte Gegenstände. Ich werde sie hier nicht auspacken - bestimmt nicht! Aber ich kann folgendes vorhersagen:

Die Verpackung ist nahezu die selbe, sie unterscheidet sich nur in dem an zwei drei Punkten auszumachenden Größenunterschied, das Gerüst in der Verpackung ist aus anatomischen Gründen nicht zu unterscheiden, die innerhalb des Gerüstes zu findenden Teile sind ganz gleichmäßig verteilt und zugewiesen. Ich kann das bis zu einem ganz bestimmten Punkt auspacken und stelle beim Vergleich fest, alles das gleiche. Um den wirklichen Unterschied dann aber zu entdecken, muss ich an die Schale des Kernes stoßen, diese Schale zerstören... im Blick auf den Menschen, im Blick auf das Bild vom Weinstock ist es nicht meine Aufgabe, den Kern zu analysieren. Ich habe meinen Beitrag zu leisten, dass es eine gute Frucht bringt, die durch mein Leben hervorkommt.

  • (zu den Konfirmanden gewandt) „Mal so unter uns gesagt“, um die Früchte Eures Lebens mache ich mir aus heutiger Sicht keine Sorgen...

 

Was mache ich jetzt mit den Beispielen? - Ach wisst Ihr was, ich schenke sie Euch, Ihr könnte den Leuten in Alferde ja gelegentlich erzählen, welchen Kern ihr jeder gefunden habt... - Und ganz nebenher bemerkt, ich weiß selbst nicht, welcher Kern dem hier über alle innewohnt, aber ich weiß, es sollen sehr unterschiedliche sein!

 

(Mütze aufsetzen?) Ich wünsche Euch und uns, dass, wir alle die sein dürfen, die wir seid unserer Geburt und unserem Aufwachsen wurden - vielleicht nicht unbedingt äußerlich - aber bleibt ehrlich IHR SELBST. Gott hat Euch bei Eurem Namen gerufen - haltet Ohren und Augen weiterhin offen!  

AMEN

christel prüßner, hannover

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