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Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus Lk. 18, 28 - 30Da sprach Petrus: Siehe, wir haben(alles), was wir hatten, verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Frau oder Brüder oder Eltern oder Kinder verlässt um des Reiches Gottes willen, der es nicht vielfach wieder empfange in dieser Zeit und in der zukünftigen Welt das ewige Leben. Wer mich kennt, der weiß, dass ich mich so manches Mal ungnädig ereifern kann, wenn mir die Borniertheit und Dummheit konkreter Menschen begegnet, wenn ich wahrnehmen kann, wie den negativen Folgen des unüberlegten oder egoistischen Handelns geradezu entgegen gerannt wird,... und ich weiß dann auch schnell, ich kann es eben nicht verhindern. - Inzwischen ist mir längst klar geworden, ich bin genauso einfältig, wie die „alles gut meinenden Jünger“ des Jesus von Nazareth, und die mussten auch immer und immer wieder ratlos dabei stehen und staunen. Sei es über die Grenzen, an die sie stießen, oder über das überraschend unkomplizierte Handeln dieses Jesus oder was auch immer. „Eher geht ein Kamel durch das Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt!“ - Allein dieser Satz kann schon aufregen, wenn er mir gesagt wird, als gutwilligem Schüler eines großes Lehrers und Prediger. Und dann sehe ich an mir herunter und in mich hinein und es beginnt in mir zu brodeln. Stelle sich jeder die Situation vor. Da kommt dieser wohlhabende Mensch, und möchte wissen, was er tun muss, um sich auf ein ewiges Leben freuen zu können, es werden ihm viele Voraussetzungen genannt, die er alle erfüllt. - Schon das schafft doch kaum ein Mensch, werde ich mir sagen, man kann es mit dem Fordern auch zu weit treiben und dann soll er all sein Vermögen auch noch hergeben und bei den Armen verteilen. „Nette Idee“, wird es schon mir durch den Sinn gehen, aber das ist doch Traumtänzerei. Und ich werden den Mann verstehen, der ganz enttäuscht von dannen zieht, weil ihm diese letzte Forderung viel zu schwer fällt. Und dann werde ich wieder an mir herunter sehen. Ich habe doch gar keinen Reichtum, ich habe nur noch hergegeben und bin genau genommen auf die Gemeinschaft mit den anderen angewiesen. Ja. und?! in dieser Situation sagte Petrus: „Du weißt, wir haben unser Eigentum aufgegeben und sind dir gefolgt.“ Jesus wandte sich seinen Jüngern zu und sagte: „Ich versichere euch: Niemand bleibt unbelohnt, der irgendetwas aufgibt, um die Gute Nachricht verkünden zu können, dass Gott jetzt seine Herrschaft aufrichtet. Wer dafür etwas zurücklässt – Haus, Frau, Geschwister oder Eltern oder Kinder –, wird schon in dieser Welt ein Vielfaches davon wiederbekommen und in der kommenden Welt das ewige Leben.“ Und ich werde da stehen und den Kopf schütteln, weil ich nicht anders kann. - Was denn noch alles, Jesus?
Es ist leider nicht überliefert, wie diese kleine Szene in menschlicher Hinsicht weiter geht. Dabei habe ich dann schon meine eigenen Vorstellungen, allein, weil ich mir den Petrus als einen ziemlich hitzigen Menschen vorstelle; wie sagte einer meiner Religionslehrer in den 60er Jahren „Paula Erbswurst“, eigentlich eine sehr liebenswerte Person, mit dem Herz am richtigen Fleck, aber allzu oft mit den Gedanken zu schnell und zu unüberlegt. Was willst Du eigentlich, Jesus? Dann ist uns das Himmelreich doch sicher – aber so wie ich Dich einschätze gibt es noch weitere Hinderungsgründe. Ich muss an eine Begegnung vor 25 Jahren denken... „Was habe ich nicht alles getan für diesen Staat?! - und wie dank er es mir? - Ich darf nicht reisen, wohin ich will, schau Dir Grenze da hinter den Häusern an – ich kann an meinem Arbeitsplatz machen was ich will, es ist zwar alles OK, aber... - Fünf Jahre später, besagte Grenze ist wie weg gefegt, aber glücklicher ist der Mensch noch immer nicht, „so wollte ich das auch nicht haben, man hat mir meine Perspektiven genommen...“ Wie lange mag es bei Petrus gedauert haben, bis er wirklich für sich entdecken durfte, dass er sich mit einer sehr hinderlichen Einstellung auf den Weg gemacht hatte. Dass er seine eigenen Maßstäbe als die allein gültigen, als die allein richtigen erachtete. - Wie lange benötige ich oft, bis ich endlich zu verstehen beginne, dass vielleicht erst einmal schauen und hören sollte, wo und wie es um mich herum voran geht. Und darum soll ich nun mein sozialen Beziehungen aufkündigen. Familie, Freunde, ja sogar das eigene Dach über dem Kopf? Das
ist ja grausam – das widerspricht doch dem sonst so wichtigen
Vertrauen, das zum Leben gehört – Dinge, auf die ich mich
verlassen kann! Kann ich, Paula Erbswurst das? Als die Familie das Haus baute, in dem meine Frau und ich heute wohnen, sagte ihnen auch keiner, dass neun Jahre später ein Weltkrieg die Familie durcheinandrütteln und ihnen dann sogar das Haus, die neue Heimat genommen würde, und als meine Frau und ich uns vor 42 Jahren kennenlernten, hatten wir nicht einmal einen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass wir eines Tages genau in diesem Haus ihrer Kinderzeit leben würden. Und wer sagt uns, dass in Zukunft... Aber dazu gehört dann auch die Großmutter, die über all diese bewegten Jahre für sich eine Kraft in ihren Gebeten gefunden hat, der es wichtig war, jeden Tag nach den Worten zu sehen, die über ihren Gott in der Bibel zu lesen waren, von den Menschen weit vor ihrer Zeit. Es war da keine Bitternis in ihren Worten, manchmal eine Traurigkeit, aber auch der Blick in die Richtung, dass sie immer noch auf dem richtigen Weg war. - Sie hat in ihrem Leben nicht mehr erfahren, dass es weiter gehen durfte mit ihrem Haus. Paula Erbswurst darf sich nicht klammern an Dingen, die endlich sind, sondern der Weg vor mir ist zu gehen; und wenn es mit gelingt, dich auf diesem Weg mit zunehmen, dann ist das der Fortschritt, die Entwicklung für mich. Petrus, geh weiter, komm mit und vergleiche Dich nicht mit dem Kamel am Nadelöhr oder mit dem Reichen, der sich betrübt abwendet. - Deine Aufgabe ist, von unserem Gott und seinem Handeln in dieser Welt zu erzählen – zu predigen – jeder auf seine Art und Weise. Und du wirst staunen, wer dann mit dir geht, es dir gleichtut. - Du wirst staunen wie fröhlich Du auf diesem Weg sein wirst, wie viele Gefühle du in Dir wahrnehmen wirst. - Genau das Gegenteil von dem, wenn Du klammerst und doch der Angst und Sorge übergibst. Schau ich zurück auf meine vielen Jahre in den Kirchengemeinden – liebe Leute, was hat sich da alles verändert. Gut, dass auch immer wieder losgelassen werden konnte, auch wenn es oft genug nur schwer fiel und durchaus auch zu Auseinandersetzungen führte. Aber wohin ich heute auch komme – es ist wunderschön, wie die Entwicklungen sich darstellen. - Darum gönne ich mir ja auch gerne den Termin in die Zukunft – zehn fünfzehn Jahre, - wir werden vieles zurücklassen müssen, vieles von dem Vertrauten und Liebgewordenen. Und ich weiß auch, dass wir viele Menschen zurück lassen müssen, so weh das im Moment tut. - Doch es gehört zu meinen Erfahrungen auch, dass nicht wenige dieser Menschen von einst auf einem ganz anderen Weg wieder dazu gestoßen sind, als wahrlich begeisterte. In einer Kirchengemeinde erlebe ich als Nachbar grad ganz simpel, wie die Not erfinderisch macht. Das alte Gemeindehaus ist abgebrannt, für einen Wiederaufbau hätte das Geld nie und nimmer ausgereicht. Die Kirche ist eigentlich schon immer zu groß gewesen, also baut man mit dem verfügbaren Geld in der Kirche das Nötige ein, um sich in Gruppen und ähnlichem treffen zu können. Petrus, jaul nicht rum! - pack an, schau nach vorn, da geht es weiter!
(angekündigte Gäste im Gottesdienst aus Brandenburg und dem Rheinland, die sich genau in der Mitte hier in Eldagsen treffen)
Zugerne möchte ich ein Kirchen-Mäuschen sein, wenn Menschen aus Brandenburg und dem Rheinland zusammen sitzen und aus diesen zwei scheinbar so verschiedenen Welten beraten, sich austauschen. Die einen aus dem immer noch so "Nahen Fernen Osten" und die anderen aus den „gebrauchten Bundesländern“ - und ich weiß als Wanderer zwischen diesen Welten: Es gibt noch viel zu lernen – gegenseitig! Petrus fing damals schon mal an. – Damals wäre ich auch gerne eine lauschende Kirchenmaus gewesen, obwohl ich ahne, damals ging es kräftiger mit den Worten zu! Petrus, jaul nicht rum! - pack an, schau nach vorn, da geht es weiter! AMEN christel prüßner, hannover u. dersenow (2012) |