GEH SCHICHTEN

 

    Mehr als es den (oder: der) Herrn Recht sein mag!

    Dienst und Zeit als Diakon

    Stichworte

    • Dezember 1949 geboren.

    • 1959 – mit Bewusstsein lerne ich als zehnjähriger Mensch das Wort „Diakon“ und damit verbunden einen Menschen kennen, der diesen Amtstitel trägt.

    • 1965 – noch gilt: nur mit einem Umweg ist die Ausbildung zum Diakon zu absolvieren

    • Januar 1968 - „Lieber Bruder, dein Lohn ist, dass du darfst!“ Beginn der Ausbildung

    • Oktober 1970 – Praktika im noch jungen gerontologischen Umfeld.
      Aufgabe eines Diakonen sollte sein, dass seine Arbeit so geschieht, dass die Stelle früher oder später überflüssig wird!“ (im Fach Verwaltungskunde; der Mensch, der das sagte, war Diakon und hatte gute Beispiele für die eigene Person vorzuweisen.)

    • März 1972 – Examen als Diakon – später mit dem Zusatz „Religionspädagoge“ - noch ein wenig später mit dem weiteren Zusatz „graduiert“.
      Das Examen umfasste theologische und pädagogische Fächer, Wortverkündigung, Liturgie, Verwaltungskunde, Seelsorge, Jugendrecht, Psychologie,...

    • April 1972 – „Diakon“ gibt es nicht, es gibt nur „Gemeindehelfer“
      Beginn im noch nagelneuen Kirchenkreis Laatzen-Pattensen, in der Kirchengemeinde Wilkenburg (damals noch Hemmingen – Wilkenburg – Harkenbleck)

    • 1972 - Schwerpunkt: Ortsbezogene Seniorenarbeit und Begegnungsstätte

    • 1976 – für Halbierung der Kirchengemeinde eingetreten; wissend um die Tatsache, dass dann die Diakonenstelle auch „futsch“ ist! - Im Kirchenkreis gibt es erste Überlegungen für eine Regional-Struktur – mit den Diakonenstellen soll begonnen werden.

    • Oktober 1977 – Wechsel in die Kirchengemeinde Fürstenau (KiKrs. Bramsche) – dort Schwerpunktaufgabe: Senioren, Konfirmanden, Jugendgruppen.
      Geblieben sind dort: Stadtjugendring, Ferienaktionen für die gesamte Stadt, Seniorenpass in Zusammenarbeit mit der Gesamtschule vor Ort
      Die Ferienaktion findet 1979 sogar beim ZDF besondere Beachtung, weil hier angeblich(!) erstmals im ländlichen Raum solche eine Aktion aufgebaut wurde.
      Dickfälligkeit siegt: Beseitigung der letzten Wehen des mittelalterlichen Konfessionskrieges (heute lacht man drüber)

    • Dezember 1977 – die Wahl des falschen, nämlich katholischen Arztes macht meine Frau als Krankenschwester eines evangelischen Krankenhauses arbeitslos. Einzige Konsequenz der LK, des Sprengels und des KK ist: Der Pastor wird gerüffelt, dass er seinen Diakonen nicht im Griff hat.

    • Sommer 1978 – „Tag der Landeskirche“ Hannovers – als Partnerschaft Fürstenau und Wilkenburg

    • 1979 – Gemeindefahrt nach Südtirol.

    • April 1980 – Ruf des KirchenkreisesLaatzen-Pattensen, eine der ersten Regionalstellen im KiKirs zu übernehmen.
      Juni 1980 bis April 1982: zwei Jahre Vakanz-Bewältigung in Arnum (und zeitweise Westerfeld) zusammen mit Pastor aus Wilkenburg. - Die Region trug den Namen „Hemmingen“, mehr war aber auch nicht zu erkennen.

    • Herbst 1980 erste Computer-Jugend-Gruppe im Gemeindehaus Arnum – eine Gruppe ohne Computer – eines der ersten Angebote dieser Art in Niedersachsen überhaupt.

    • 1981 – Gemeinde- und Konfirmanden-Fahrt für zehn Tage nach Südtirol (150 Teilnehmende)
      - ein sehr ausführlicher und weitreichender Regionalvertrag für die Region wurde von Kirchenvorständen ausgearbeitet. Bei Wiederbesetzung der letzten immer noch vakanten Pfarrstelle soll unterzeichnet werden. - Aber dann will neuer Pfarrstelleninhaber alles ganz anders und überhaupt „Region mag ich doch nicht!“ (1982) – ein späterer Versuch mit neuen Inhalten und neuem Personal wird wiederum am Pfarramt scheitern!

    • 1982 – 1994 habe ich in dieser sogenannten Region neun Pastoren kommen und gehen erlebt; und jede und jeder hatte ein anderes Verstehen von Zusammenarbeit – von regionaler Zusammenarbeit nahezu keiner!

    • 1983 – Kirchentag in Hannover – mit kleineren örtlichen Aktionen in Arnum und Wilkenburg

    • 1984 u. ... (Teilnahme an Katholikentagen und Kirchentagen in Düsseldorf, München, Bremen, Ulm, Osnabrück, Berlin, Hamburg)

    • 1986 – „konspirative“ Kontaktaufnahme mit einer Kirchengemeinde in der „DDR“, mit dem Ziel, junge Erwachsene aus dem "Westen“ mit gleichaltrigen aus dem „Osten“ bekannt zu machen und dabei jede Form der Einflussnahme zu vermeiden – gelungen!

    • 1992 – bitte ICH den Kirchenkreis-Vorstand, sich von mir einen Bericht meiner Arbeit vortragen zu lassen. Bis dahin hatte sich reflektierend niemand dafür interessiert. (erste Reaktion: “Muss das denn sein?!“) - Ich verbinde diesen Vortrag mit dem Antrag, meinen Dienstumfang um 20% zu reduzieren. Die gesundheitlichen Spuren des Dienstes sind meinerseits bereits nicht mehr zu übertünchen; ich muss sie sehr ernst nehmen. Über zeitweise mehrere Monaten habe ich Verpflichtungen von Montag bis Sonntag! Eine Reduzierung ist nur mit zu erwartenden Konflikten verbunden. - Der Antrag soll geprüft werden und wirft im Nachhinein sehr viel Staub auf.

    • 1994 – man erinnert sich im KiKrs. meines (1992 gestellten) Antrages und fragt, ob ich auf weitere 5% verzichten könnte, denn dann sei der Stellenplan wieder im Lot. Aber es geht auch so. Mir wird als neue Region der Süden des Kirchenkreises zugewiesen.
      September 1994 – Start in Eldagsen und Umgebung mit dem Auftrag. den Dienst im Umfang von 80% einer Vollzeitstelle auszuüben. Als Dienstraum wird ein ehemaliger Blumenladen angemietet. - „Dann wird das nun eben der Kirchenladen!“

    • DIAKONE sind eine lästige Allzweckwaffe für Notzeiten. Und sind die Notzeiten vorüber, dürfen sie sich schnellstens wieder verziehen!

      • 1995 – Zwei der drei beteiligten Pfarrämter distanzieren sich von der Diakonenstelle und wollen damit die auf sie zukommende Reduzierung der beiden Pfarrstellen vermeiden helfen. - Sie wollten nicht wahrhaben, dass sie mit jeweils um 1.000 Gemeindegliedern keinen Anspruch auf voll Pfarrstellen haben. Sie begreifen nicht, dass ihnen dieser Verzicht weniger als Nichts hilft. - Dann war es zu spät! - Einer der beiden Pfarrstelleninhaber will „seinen“ Kirchenvorstehern sogar weismachen, dass in dem Kirchenspiel zwei Diakoninnen tätig wären. Er ist beleidigt, als ihm die Diakone diesen Zahn vor versammelter Mannschaft ziehen!

    • 1995 - Frühstück & Gespräch; Die Sommer-Ferienaktion erreicht gleich im ersten Jahr über 360 teilnehmende Kinder (mehr war auch nicht möglich); Kinderbibelgruppe in Alferde, - Kreuzweg-Pilgerweg; Ökumenische-Gebetswoche um Pfingsten,

    • 1999 – Heilige Nächte - werden ab 2000 zur Dauereinrichtung.

    • 2001 – Kirchenkreisreform – neue Grenzen, neue Zuteilungen in Regionen. „Meine Region“ wird per Papier einfach vergrößert und es bleibt mir überlassen, damit umzugehen. - Das regionale Bewusstsein als Stärkung für den örtlichen Bereich zu entdecken wird erkennbar und weitestgehend erfolgreich verhindert. Bei genauem Hinsehen geht es immer nur um den brutalst möglichen Erhalt einer Pfarrstelle. Und lieber wird auf eine Diakonenstelle verzichtet, als...

    • 2001 – („keiner will's gewesen sein“) man stellt fest: Ich hätte ja noch gar keine Prädikanten-Prüfung* oder ähnliches vorzuweisen – seit 1974 predige ich! - es läuft eine groteske Beschäftigungstherapie für viele scheinbar arbeitslose Kirchenbeamte an! Und an deren Ende (nach einem Jahr!) wird mit einem Colloquium ein billiger Handschlag und  der„Glückwunsch!“ stehen.
      Ich wusste es schon immer: „Predigen ist reine Glückssache!“
      –  neue Serie: „Abend mit der Bibel“ in Holtensen

    • 2002 – Zeitzeugen-Stammtisch („Geschichtswerkstatt“) als eigenständiges Projekt in Alferde / fällt jedoch ganz schnell in sich zusammen, als zwei Ehrenamtliche die Leitung übernehmen - der Dorf-Klüngel erwies sich als hinderlich.
      - Das „KU-Projekt 2010“ wird (endgültig 2005) in Eldagsen nach gründlicher und tiefgehender Vorarbeit auf den Weg gebracht.

    • 2003 – Jahr mit der Bibel; viele kleine Aktionen für die Öffentlichkeit (Zeitung, Plakat, Wanderung, Andacht, Broschüre)

    • 2005 Kirchentag: in Hannover mit starken Aktionen aus dem Raum Springe - das kleine Strohfeuer bringt sogar erstaunliche neue Mitarbeitende auf den Plan.
      Ehrenamtlichen-Zentrum „SYCHAR“- (siehe Johannes 4 - Der Ort Sychar ist wahrscheinlich am Erdhügel Telul Balata zu finden. Dieser Erdhügel liegt östlich von Sichem nahe beim Jakobsbrunnen am Fuße des Garizim)
      – Am Ende das Ergebnis: „Profilierung bis zum Ausrasten“
      .

    • Sommer 2008 – Ich habe mir ein vorgezogenes, konkretes Schlussdatum für den Ruhestand gesetzt und bereite die Menschen um mich darauf vor, um auch mich mehr und mehr darauf einzustellen.

    • 1.April 2012 – laut Kalender bin ich nun 40 Jahre ich nun laut Vertrag meinem Arbeitgeber „Kirche“ verpflichtet. Und nun passiert wieder ein mal... NICHTS! (Stand 10.4.2012) - es kam noch viel grotesker: Im Protokoll einer Sitzung wird zu lesen sein: "ein Present wurde in Abwesenheit überreicht!"

    • 2012 - offiziell am 31.Dezember (tatsächlich am 31.Oktober) werde ich mich aus dem aktiven Berufsleben zurückziehen und in Mecklenburg das kirchliche Leben als Gemeindeglied in einem winzigen Dorf erleben und mich dort einbringen.
      UND eines weiß ich schon heute:
      Für Gremien und Sitzungen wird mich keiner mehr gewinnen können.
      ____________________________ 

    * = (nun bitte nicht lachen: Das Diakonen-Examen umfasste diese Prüfung schon 1972)

      Unerbetene o/ unerbittliche Lernerfolge:

    • Diakon ist „kein AMT“, aber auch kein Beruf (LK 1972)

    • Was nicht in der Zeitung steht, kann es auch nicht gegeben haben (LK 1977)

    • Die Firma Kirche fällt ihren Mitarbeitenden auch gerne in den Rücken (LK 1978);

    • "Eine Beauftragte für Diakoninnen ist keine Beauftragte der Diakoninnen". (LK 1992)

    • Das Stephansstift in Hannover hat(te) mit Kirche nichts zu tun. Es hat zwar eine Kirche und dort sind auch Pastoren tätig. (LK 1992)

    • Es gibt hohle Formeln wie diese: „Wir unterstreichen und tragen gemeinsam die soziale Verantwortung des Kirchenkreises in seiner Rolle als Arbeitgeber für die hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ (KK 2005).

    • Es gibt Presente, die werden einem in Abwesenheit überreicht, aber sie erreichen den Empfänger nie! (KK 2012)

      Schwerpunkte meiner Arbeit waren zuletzt:

    • Konfirmandengruppen (in Eldagsen),

    • Kindergruppen (in Alferde),

    • Seelsorge, Hausbesuche, besonders im Rahmen dieser beiden Felder

    • Ferienaktionen vor allem in den Sommerferien für ganz Springe (zusammen mit Jugendpflege)

    • "Kirchenladen Eldagsen" (Beratung, Seelsorge, Seminare, Ersthilfe, Kontakte - überkonfessionell!);

      Persönliche Interessenschwerpunkte im Bezug auf mein Amt: 

    • Gottesdienste vorbereiten, predigen - gerne beziehe ich in die Vorbereitung und Durchführung "andere" ein. - Dabei darf es nicht um Sensationen gehen, sondern um die Ausgestaltung des örtlich vorgefundenen! - Leider ist es nicht leicht "Mutige" zu finden.

    • Förderung der "unbezahlten Mitarbeit" im Bereich von Kirche und Gesellschaft. 

    • Verzicht auf das Anzapfen der unseligen Fördertöpfe und finanzieren der laufenden Arbeit aus „Abfällen“ und direkten Beiträgen der Teilnehmenden – oder Verzicht auf eine Maßnahme, die zu teuer erscheint.

    • Regionales Denken in die Herzen der Gemeinden tragen – (seit 1980 nahezu vergeblich, man will lieber erst aus der Not heraus dazu gezwungen werden)

    • Zum "Leidwesen" der Konfirmanden bin ich gerne im Konfer tätig und ich möchte langfristig dazu beitragen, dass diese Arbeit vor Ort von "unbezahlt Mitarbeitenden" geleistet werden darf und kann - das ist schwerer zu verwirklichen, als mancher ahnen mag, weil... (zu viele Gründe!) -  Vor allem muss sich Kirche komplett vom alten Denkmuster Konfer verabschieden, ehe es zu spät ist. Konfirmation kann nur der höchst wertvolle Abschluss eines Prozesses sein, der vielschichtig mit der Orts-Gemeinde gewagt wird. Gemeinde- und Religions-Pädagogen werden hier einen viel persönlicheren Einsatz in und mit der Gemeinde zu finden haben - in jeder Gemeinde einen genau dort hinein passenden!

    • Medienberatung (bereits seit 1977) - zuletzt verstärkt im Bereich von EDV; kreative Nischen dieser Technik vom Solisten zur Gruppe -

    • Und nicht als letztes, sondern als verbindendes: Den Blick für den Kirchenkreis wachhalten und damit den Tellerrand ausweiten! -  Aber den Kirchenkreis damit nicht zur 27ten Gemeinde erheben.

 


 

Sammlung "Geh Schichten" - (C) Christel Pruessner, Dersenow 2012/2013

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