GEH SCHICHTEN

  Zufall? Fügung? oder was?

Es sind inzwischen so viele seltsame Ereignisse, die sich wie bei einem Puzzle Stein für Stein zueinander fügen und so doch gar nicht vorgesehen sein konnten. Gewiss, so manchem Menschen fällt es im lichten Moment auf, dass genau dieses eine oder vielleicht noch das andere Ereignis in seinem Zusammentreffen erstaunlich gut zusammen passen. - Ich muss dabei immer wieder an einen längst verstorbenen Kollegen denken, der eines Tages aus seinem wohlverdienten Sommerurlaub heimkehrte und uns als erstes nicht von dem sicherlich anregenden Umfeld berichtete, sondern von der Begegnung der exquisiten Art: Er hatte sich mit seinem Motorrad auf eine große Griechenland-Fahrt begeben und "irgendwo hoch in den Bergen" kommt es genau zu der Panne, die er mit seinen verfügbaren Möglichkeiten nicht hätte beheben können. Das geschah auch noch zu den Zeiten, als das "Handy" noch im wahrsten Sinne des Wortes noch nicht spruchreif war. Und nach einiger Zeit des geduldigen Wartens auf einen möglichen Menschen, dem er sein Hilfegesuchen in Richtung Fachwerkstatt oder ähnliches auftragen konnte, kommt ein anderer Biker diese Strecke entlang, hält an und... es ist ein anderer Kollege aus unserem Arbeitsbezirk. Beide wussten vorher weder von ihren Urlaubsplänen, geschweige denn von der geplanten Route. - Alles Zufall? Ich als Monika und ich uns 1970 im Sommer noch nicht einmal irgendwo auch nur begegnet sein konnten, sie lebte bei Stadthagen (Niedersachsen) und ich war Praktikant in Alsfeld (Hessen). Ihr Arbeitgeber und meine Fachschule vermittelten uns aus praktischen Erwägungen für den später vorgesehenen Tätigkeitsbereich einen Kursus als "Krankenschwesternhelferin" beim Roten Kreuz in Hildesheim.. Irgendwann verschickte das DRK eine Absage, wegen zu großer Nachfrage und buchte jeden von uns um nach Hannover. - Dort wussten die 40 Teilnehmerinnen schon nach wenigen Tagen, dass "das mit uns was werden würde". Dabei kannten sich nicht mal die 41 Teilnehmerinnen und der eine Teilnehmer nicht mal alle wirklich beim Namen. Und ich hatte mit meinem ZweitJob - zum Taschengeld-aufbessern genug um die Ohren. Sie sollten dennoch recht behalten. - Zufall?Mit meiner Dienststelle war auch noch der Verpflichtung der Dienstwohnung verbunden. Es war ein eher kleines Zimmerchen unter dem Dach, zwei Dachschrägen rechts und links, keine Isolierung, im Sommer unerträglich heiß und im Winter mit glänzend gefrorener Deckenschräge; Küche und Bad teilte ich mir mit einem anderen Mieter auf der Dachetage, nach knapp zwei Jahren bekam ich die restlichen Zimmer als Wohnraum hinzu. Es wurde  mit der Heirat unsere erste gemeinsame Wohnung. Dann 1977 der Stellenwechsel nach Fürstenau... und schon im Sommer 1978 übernachtete ich mit einer Gruppe Jugendlicher in genau diesen ehemaligen Wohnräumen, die nun seitens der Kirchengemeinde für Kinder- und Jugendfreizeiten provisorisch hergerichtet waren. Es gab im folgenden Jahr sogar noch eine zweite Freizeit... - und dann kam ich als Mitarbeitender des Kirchenkreises in den 1980er Jahren sehr oft in meine Wohnung und erlebte meinen ersten Wohnraum als Andachtsraum ganz neu. - Was nach dem Verkauf des Hauses aus diesen Räumen wurde... - Bislang war ich noch nicht wieder darin - aber wer weiß?!Als ich 1977 nach Fürstenau gehe, bin ich offiziell der Nachfolger eines Diakonen, der einfach noch einmal wechseln wollte. (eine kurze Zeit hatte seine Stelle ein Berufspraktikant ausgefüllt und mich angeworben). Von meinem Vorgänger wusste ich eher gar nichts... 1980 geht es ja wieder zurück nach Hemmingen und dank der (Hals-über-kopf-) Wohnungssuche, die allein auf den Schultern von Monika lag, fanden wir eine Wohnung in Arnum (das wären aber schon wieder eine Episode für sich). Irgendwann war das Fass übergelaufen und wir suchten eine neue Bleibe und fanden in Hannover ein kleines Reihenhäuschen. Zwei Straßen weiter war der Kollege tätig, den ich in Fürstenau abgelöst hatte. - Zufall? Noch als ich in Wilkenburg tätig war, kam gab es in der Nachbargemeinde Arnum zum Personalzuwachs, ein Kollege begann dort mit guten Ideen seine Arbeit. Hätte mir jemand gesagt, dass ich diesen Kollegen 1980 quasi ersetzen würde... jedenfalls war er weg, als ich wieder kam. Und wohin war er gegangen? Er arbeitete auf einmal in dem Gemeindehaus, in dem ich als 10jähriger erstmals Kirchengemeinde lebendig erlebte. - Dass auch er dann schon bald in den Kirchenkreis zurück kam und wir dann einiges gemeinsam unternehmen würden... Er gehörte zu der Gruppe der „Hausbesetzer", die dann aus meinem ersten Wohnraum einen Andachtsraum werden ließ. Damit wird das Bild hier nur noch abgerundet! - Zufall? - Leider gab es dann noch einen traurigen Schluss für unsere gemeinsame Verfolgungsreihe: Er erkrankte um 2010 an einem gemeinem Krebsleiden. Und als ich dann 2011 selbst in der Klinik lag und auch ich von meiner wahrlich rechtzeitig entdeckten Krebserkrankung wusste, übermittelte mir ein gemeinsamer Kollege den Tod des Schwerkranken auf mein kurz zuvor ruhig geschaltetes Handy. Mich erreichte diese Nachricht darum erst zwei Tage später, als ich von der Intensivstation kam. - Zufall?Nein, das ist noch immer nicht alles: In Springe bin aufgewachsen. Vielleicht konnte ich damals in etwa sagen, wo Hannover oder Hameln liegen würden. Dabei halfen mir die Wegweiser an der mitten durch die Stadt führenden Bundesstraße erheblich. Und als wir dann in dem neuen Gemeindezentrum mitten in der Stadt wohnten, sah ich durchaus den Linienbus, der gefühlt dreimal am Tag nach Eldagsen fuhr, bei unserem Haus abbiegen musste. Eldagsen? Neun Kilometer irgendwo nach Süden. Einmal bin ich dann auch mit dem Linienbus als Kind ins damals noch aktive provisorische Krankenhaus gefahren (worden). Der Bus fuhr nach Eldagsen. Aber wo liegt Eldagsen? keine Ahnung! - Und hätte mir damals jemand auch nur in Aussicht gestellt, dass ich eines Tages in diesem Notkrankenhaus Kinder während einer Ferienaktion (Wanderung durch den Deister zum nun wieder "Jagdschloß") durch eine Wild-Aussstellung leiten würde;... - Selbst als ich 1994 zu meiner eigenen Überraschung meinen neuen Dienstsitz in Eldagsen (auf Springer Hoheitsgebiet) zugewiesen bekam, wäre mir die noch mögliche Steigerung nicht eingefallen. - 2001 kam es dann zu der Verwaltungsreform der Kirchenkreise und die Stadt Springe gehörte von „jetzt auf nu“ zu meiner Dienst-Region. Die erste Kirchenkreiskonferenz fand genau in dem Gemeindehaus statt, in das meine Familie 1959 für den Küster- und Hausmeisterdienst der Eltern eingezogen war. - Wenige Jahre später treffe ich mich mit der örtlichen Kollegin in ihrem Arbeitszimmer und Gruppenraum - im Wohnzimmer unserer Familie zu Dienstbesprechungen... - Zufall? Aber auch eine Kleinigkeit gehört in diese Reihe: 1988 sind Monika und ich zum wohl 20ten Mal in "unserem" Terenten, hoch droben in den Südtiroler Bergen und verbringen wie jedes Jahr unseren Urlaub dort. Am Sonntag nach dem evangelischen Gottesdienst für die Touristen aus Deutschland sehe ich ein Paar durch die Kirche gehen und meine eine ganz typische Stimme wieder zu erkennen. Ich gehe auf die beiden zu und spreche "die" Stimme, den Mann an: "Irre ich mich nicht, dann sind heißen sie Völster!" - Ja, es stimmte. Er konnte nicht einmal mit meinem Familiennamen etwas anfangen. Ich begegnete ihm damals (1964), als ich 14 Jahre alt war in Leck, an der deutsch-dänischen Grenze, dort war er für kurze Zeit als Vikar tätig.
 

 

 

Sammlung "Geh Schichten" - (C) Christel Pruessner, Dersenow 2013

 

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