OFFEN GESAGT...
DA 2008-08-01 |
Wie war das damals? – Auf Spurensuche! |
Sich auf die Spur der Menschen begeben,
die vor unserer Zeit lebten, will nicht unbedingt gelernt sein. Dazu
benötigt jeder Mensch zunächst mal einen Anlass, einen
Anstoß, eine Einladung. Und wenn dann die richtige Begleitung
vorhanden ist, dann kann der Weg sich sogar endlos fortsetzen und es
beginnt das kleine Eintauchen in eine mir bis dahin unbekannte Welt –
vor meinen Augen, zu meinen Füßen.
Soeben komme ich mit Kindern und einem
Elternpaar von so einem Weg, der alte Spuren freilegen helfen konnte.
Im Rahmen der Ferienaktion der Stadt Springe hatten Frau Kreier und
ich eingeladen mit Kindern und Eltern uns auf die Spuren der Menschen
und Mönche von früher zu
begeben. Wir starteten in Alferde
an der St.Nicolai-Kirche. Von dort sollte uns der Weg zur ehemaligen
Klosterkirche in Wittenburg führen. Wie haben die Menschen in
früheren Zeiten erfolgreich Wunden behandelt? Was haben sie zur
Geschmacksanreicherung ihrem Essen beigemischt? Wie sah damals ein
Weg aus, auf dem viel Verkehr herrschte? Schon beim Aufstieg zur
Finie konnten dieses in kleinen zufällig wahrnehmbaren Stationen
erfahren werden. Und wenn sich die Menschen ein Haus bauen wollten,
woher kamen die notwendigen Steine? Eine Reihe von kleinsten
Steinbrüchen taten sich für die Wanderer auf. Kalksteine,
die sogar noch erkennen ließen, aus welch fernen Zeiten sie
stammen. Und wie offen Kinder für diese Entdeckungen sind, wie
leicht es ihnen fällt, eigene Zusammenhänge herzustellen,
erstes Schulwissen wird in einem neuen Zusammenhang gesehen. Und dann
das große Bauwerk, soeben sind wir aus dem Wald getreten und
„Oah, da ist sie ja, ist die aber groß“, die Wittenburger
Kirche, wie eine Glucke liegt sie da in der Landschaft, nichts als
nur dieser Bau, sonst alles nur Natur – so der erste Eindruck. Wir
erfahren von „wasserführenden Schichten“ die es den Menschen
auch auf solch einer Anhöhe erlaubte, Trinkwasser zu schöpfen...
sehen die Steine der ehemaligen Burg, nähern uns immer mehr dem
immer größer werdenden Haus. Als sei es extra für
uns, läutet um zwölf ihr die kleine Glocke auf dem
Kirchendach. Die Rast nach zwei Stunden tut20gut, aber es gibt immer
noch Kleinigkeiten, die nach einem Zusammenhang suchen; Fragen werden
gestellt, laut nachgedacht. „Die hatten damals schon gute Ideen“.
Dann zur ersten Tür. Sie war den Menschen aus Wittenburg
vorbehalten. Sie weist geheimnisvolle Zeichen auf, die die Kinder
erstaunlich gut wahrnehmen und sogar schneller deuten, als die
Erwachsenen. Stolz? - nein, die Kinder erleben den Weg als ein sich
gegenseitig ergänzen, sie können genauso helfen wie die
Erwachsenen. Die Kirchentür der Boitzumer hält nicht mehr
so auf, wir wollen in die Kirche, da soll es schon kühl sein –
diese Kühle tut gut. Eine gewaltige Halle und eine überraschende
Akustik. „ich muss langsam reden, damit ich verstanden werden –
ich muss gar nicht laut reden, nur langsam!“ Sogar durch eine
Trennwand hindurch kann gut verstanden werden, - wie damals, als auf
der einen Seite die Mönche und auf der anderen Seite die
Gemeindeglieder standen und den Gottesdienst feierten, standen! - Die
Zeichen der Handwerker von damals werden erkundet und abgezeichnet,
mit Wollefäden werden Länge und Breite der Kirche vermessen
und in eine Zeichnung übertragen, gleich eine neue Entdeckung,
die vordere Kirche ist ja schmaler als die hintere.
Und dann die Probe mit einem einfachen
Gesang, wir müssen gar nicht laut singen, nur bedächtig,
und deutlich, es hört sich einfach gut an und
es hört sich
an, als seien wir ganz viele!
Alle Teilnehmenden bekomme eine schon
angezündete Kerze in die Hand und dürfen sie an den Platz
stellen, der ihnen in dieser Kirche am besten gefällt. Auf dem
Altar steht eine, weil der so schön aussieht, und am Taufbecken
weil es ich mit seinen hellen Farben so sehr von den anderen Teilen
der Kirchen abhebt, in den Chorbänken, weil der Stimmen von dort
so gut geklungen haben, und noch ein auf dem Altar, weil der eigene
Bruder seine Kerze auch dort hingestellt hat.
Und dann soll der Heimweg auf dem alten
Boitzumer Kirchweg verlaufen – wieder suchen wir Spuren. Nur gut
dass wir zu zweit den Weg noch wussten, man hat ihn schon wieder
vergessen, er wächst zu und ist fast nicht mehr zu sehen! Und
darum ist er schon wieder eine eigene Entdeckung wert. Nach über
vier Stunden haben wir unseren Rundweg in Boitzum an der
Bushaltestelle beendet – jetzt merkten wir, was wir geleistet
hatten und welche Vergangenheit mit uns gegangen ist. Für eine
kurze Zeit waren wir mit den Gedanken ganz wo anders und doch hier
bei uns in der Heimat.
Schade, dass Sie nicht mit dabei sein
konnten! - aber beim nächsten Mal bestimmt!
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Christel Prüßner, Religionspädagoge und Diakon |
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