Ein Gott zum Anfassen – oder zum Begreifen?
Bruchstücke für ein Referat

 

Es sind so viele kleine Blitzlichter, die mir entgegenleuchten, wenn ich mir die Begegnung mit meinem Gott vor Augen führe.

Es sind alle für sich scheinbar kleine Erscheinungen – Doch lege ich als Summe – als Sammlung auf den Tisch, dann komme ich schnell in Platznot.

Und wollte ich sie dann sortieren nach wichtig, oder weniger wichtig – es würde mir nicht gelingen. Das heißt als Erkenntnis für mich übersetzt: Der mir zu Verfügung stehende Raum, den begreifbaren Gott zeigen zu wollen, ist zu klein, als dass ich alles auch nur angemessen platzieren könnte.


GRÜSS GOTT!

Das ist eine Begrüßung, manchmal auch ein Abschiedsgruß, dem wir insbesondere in katholisch geprägten Ländern begegnen können. Der Gruß ist mit einigen Varianten die häufigste Grußform in Teilen Süddeutschlands, Österreichs und Südtirols. - Der Ursprung des Grußes ist unbekannt – weder, ob man damit tatsächlich einen Gruß Gottes meint oder ob man dessen Segen erbittet, noch, ob das Wort „Gott“ sich hier tatsächlich auf Gott bezieht oder nur „gut“ heißen soll. Dennoch scheint er im 19. Jahrhundert von der katholischen Geistlichkeit propagiert worden zu sein. Einen analogen Abschiedsgruß zu „Grüß Gott“ bildet Pfiat’ di God („behüte dich Gott“) in diversen Dialektvarianten.

Unbekannter Ursprung? Ob GUT oder GOTT?

Ich muss an die kleine Wandergruppe denken, der meine Frau und ich in den 70er Jahren hoch droben in den Pustertaler Bergen begegneten. Sie waren nicht sonderlich gut vorbereitet für den Weg, auch hatten sie sich nicht über die eigenen Möglichkeiten und Grenzen abgesprochen. Unser kurzes „Grüss Gott“ fand als erste Erwiderung „nein, so weit wollten wir heute nicht, - aber sagen sagen Sie, ist es noch weit bis zur Tiefrasten-Hütte?`“ Wir sahen vor allem die beiden Frauen in der Gruppen von oben bis vor allem unten an und dann sagte meine Frau ganz trocken „für Sie leider zu weit, da werden sie niemals ankommen!“ und wies mit den Fingern auf das absolut unpassende Schuhwerk. - Es interessierte sie nicht, „wird schon passen!“ war die kurze Reaktion und sie gingen weiter – die Richtung stimmte schon. - Aber waren wir in ihnen Gott begegnete? Oder hätten sie eine gute Chance auf dem weiteren Weg Gott zu begegnen? - Aus meiner Sicht, war mir Gott bei dieser Begegnung so wunderbar Nahe gekommen. Und dann sind wir jeder seinen vorbestimmten Weg weiter gegangen. - Mir war es wichtig, auch diesen Menschen einen Groß meines Gottes weiter zugeben.



Gott, mein Kollege
 


    Geschichte von Gott

    Als Gott nach langem Zögern wieder mal nach Hause ging, war es schön ;
    sagenhaftes Wetter! Und das erste was Gott tat, war: 
    die Fenster sperrangelweit zu öffnen, um sein Häuschen gut zu lüften. 

    Und Gott dachte: Vor dem Essen werde ich mir noch kurz die 
    Beine vertreten. Und er lief den Hügel hinab zu jenem Dorf, 
    von dem er genau wusste, dass es da lag. 

    Und das erste, was Gott auffiel, war, dass da mitten im Dorf 
    während seiner Abwesenheit etwas geschehen war, was er nicht 
    erkannte. Mitten auf dem Platz stand eine Masse mit einer 
    Kuppel und einem Pfeil, der pedantisch nach oben wies. 

    Und Gott rannte mit Riesenschritten den Hügel hinab, stürmte 
    die monumentale Treppe hinauf und befand sich in einem un- 
    heimlichen, nasskalten, halbdunklen, muffigen Raum. 

    Und dieser Raum hing voll mit allerlei merkwürdigen Bildern, 
    viele Mütter mit Kind mit Reifen überm Kopf und ein fast sadistisches Standbild von einem Mann an einem Balkengerüst. 
    Und der Raum wurde erleuchtet von einer Anzahl fettiger, gelblich- 
    weißer, chamoistriefender Substanzen, aus denen Licht leckte. 

    Er sah auch eine höchst unwahrscheinliche Menge kleiner Kerle 
    herumlaufen mit dunkelbraunen und schwarzen Kleidern und 
    dicken Büchern unter müden Achseln, die selbst aus einiger 
    Entfernung leicht modrig rochen. 

    "Komm mal her! Was ist das hier ?" 

    Was ist das hier ! Das ist eine Kirche, mein Freund. 
    Das ist das Haus Gottes." 

    "Aha ... wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum 
    blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein 
    Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen ?!" 

    "....das weiß ich nicht." 

    "Kommen hier viele Menschen her, Knabe?" 

    "Es geht in letzter Zeit etwas zurück." 

    "Und woher kommt das Deiner Meinung nach? Oder hast Du 
    keine Meinung?" 

    "Es ist der Teufel. Der Teufel ist in die Menschen gefahren.
    Die Menschen denken heutzutage, dass sie selbst Gott sind,
    und sitzen lieber auf ihrem Hintern in der Sonne." 

    Und Gott lief fröhlich pfeifend aus Kirche auf den Platz. 
    Da sah er auf einer Bank einen kleinen Kerl in der Sonne sitzen. 
    Und Gott schob sich neben das Männlein, schlug die Beine über- 
    einander und sagte : ".... Kollege !"

    Hermann van Veen



Neben mir auf der Bank,
einer wie Du und ich, Gott?


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EIN WENIG NIEDRIGER ALS GOTT

Psalm 8

    HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, der du zeigst deine Hoheit am Himmel!

    3 Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen.

    4 Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast:

    5 was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?

    6 Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.

    7 Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan:

    8 Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die wilden Tiere,

    9 die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und alles, was die Meere durchzieht.

    10 HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!



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Wie konnte Gott Mensch werden?

Einer der bekanntesten Jesus-Forscher unserer Zeit, der britische Theologe James Packer, über Weihnachten und was es bedeutet, dass Gott Mensch wurde.

Wunder – unmöglich? Die Jungfrauengeburt – ein Witz? „Unsere eigentliche Skepsis gilt gar nicht den Wundern, der Jungfrauengeburt oder der Auferstehung“, sagt Professor James Packer, „sondern der Behauptung, dass Gott in einem Baby in diese Welt kam.“ Warum er die Menschwerdung Gottes für das wichtigste Ereignis der Geschichte hält und was sie in unserem Alltag auslösen kann, erklärt der Theologe im folgenden Interview.

Steffen Schulte: Immer mehr Menschen kennen die Bedeutung von Weihnachten nicht mehr. Warum ist Weihnachten für Sie wichtig?
James Packer: Kurz gesagt: Weil Gott zu uns kam. Dass er in Jesus Christus Mensch wurde, ist das wundervollste und grösste Ereignis seit der Erschaffung dieser Erde. Die Weihnachtsbotschaft sagt: Es gibt noch Hoffnung für unsere heruntergekommene, kranke Welt.

Dass Gott als Baby in die Menschheitsgeschichte eingetreten ist, ist aber für viele nur schwer vorstellbar.
Das stimmt. Ich merke das auch immer wieder. Für viele Menschen besteht die eigentliche Schwierigkeit mit dem christlichen Glauben gar nicht unbedingt in der Auferstehung oder den anderen Wundern. Die tiefste Skepsis gilt den Berichten über Weihnachten: Der allmächtige Schöpfer wird ein Kind in Windeln? Ein Kind, das gestillt werden muss? Das nicht laufen kann und sprechen lernen muss wie jeder andere Mensch? Die Menschwerdung Gottes ist in der Tat das grösste Geheimnis, mit dem uns die Bibel konfrontiert. Aber wenn wir an den Punkt kommen, wo wir diesen Punkt als Tatsache akzeptieren können, lösen sich plötzlich auch alle anderen intellektuellen Zweifel auf.

Christus ist der Sohn Gottes. Die Vorstellung von „Göttersöhnen“ ja auch aus der antiken Mythologie bekannt. Was ist an dem Gedanken denn so neu?
Nehmen wir zum Beispiel Herkules: Der Sage nach hatte er zwar einen „Gott“ – in diesem Falle Zeus – zum Vater, dazu kam eine menschliche Mutter. Dennoch stellten die Griechen ihn sich nicht als jemanden vor, der eine göttliche Natur besitzen würde. Herkules war übermenschlich, aber kein Gott.

Die biblische Aussage über die Menschwerdung des Schöpfers beinhaltet etwas vollkommen anderes. Sie besagt, dass eine der drei Personen, die Gott „bilden“, nämlich Gott, der Sohn, in Gestalt eines Babys aus Fleisch und Blut in diese Welt kommt. Und dass er dabei dennoch derselbe Sohn blieb, der er bereits im Himmel gewesen war – nur eben in menschlicher Gestalt. Jesus lässt keinen Zweifel daran aufkommen, wer er ist: Gott selbst. So sagte er über seine Beziehung zum himmlischen Vater, dass sie in ihrer Form einzigartig sei und dass niemand ausser ihm sie besitze. Dazu behauptete er, er sei dem himmlischen Vater in Kraft und Weisheit gleich und ihm gebühre die gleiche Anbetung. All das stellt die christliche Lehre der Menschwerdung Gottes auf einen ganz anderen Boden als irgendeine antike Vorstellung von göttlicher „Vaterschaft“.

Was bedeutet es denn für uns, dass Gott Mensch wurde?
Zunächst einmal bekommen wir so eine ganz entscheidende Information über Gott: Die Menschwerdung Gottes macht und klar, dass Gott aus mehr als einer Person besteht und doch gleichzeitig „einer“ ist. Schon zu Beginn der Bibel stellt Gott sich in der Mehrzahl vor (beispielsweise bei 1. Mose 1,26). Und auch die Aussagen Jesu und weitere Texte des Neuen Testaments sprechen eindeutig von einem Gott, der sich in drei Personen darstellt: als der Vater, der Sohn und der heilige Geist.

Das ist eine weitaus entscheidendere Aussage, als wir auf den ersten Blick annehmen. Stellen wir uns vor, Gott wäre nur eine Person – schon stünden wir vor einem tief greifenden Problem: So hätte zum Beispiel die Aussage, dass Gott die Liebe ist (1. Johannes 4,16), überhaupt keine Grundlage. Sie basiert nämlich auf der Tatsache, dass der Vater, der Sohn und der heilige Geist in einer von Liebe geprägten Beziehung zueinander stehen. Und weil Liebe die treibende Kraft in dieser Beziehung ist, ehrt der Sohn den Vater, der Vater ehrt den Sohn, der Sohn ehrt den heiligen Geist und der heilige Geist wiederum ehrt beide. Damit hat Gott selbst den Standard für das gesetzt, was wahre Liebe ausmacht: nämlich einen anderen zu ehren und zu achten. Wir wüssten nicht, was Liebe ist, wenn Gott sie uns nicht „vorleben“ würde.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist folgender: Indem Gott Mensch wird, lebt er uns selbst vor, wie vollkommenes Menschsein aussieht. Jesus Christus lebte ein Leben in Freiheit und Erfüllung, indem er es in absoluter Hingabe an den guten Willen des himmlischen Vaters lebte. Zugegeben: In unserer heutigen Gesellschaft ist der Gedanke, dass in der Hingabe an jemanden Freiheit liegen soll, vollkommen absurd. Paradox nahezu – für manchen einen klingt das wirklich ziemlich verrückt.

Jesus Christus war also Gott und Mensch in einer Person. Können Sie das erklären?
Ich will es versuchen, aber eins steht schon fest: Egal, wie geschickt wir es zu erklären versuchen und wie nah wir diesem Wunder kommen mögen – dass Gott Mensch wurde, bleibt immer ein Stück ein Geheimnis. Die frühe Kirche hat im Jahr 451 einen Lehrsatz formuliert, der die Menschwerdung folgendermassen umschreibt: Die Natur Gottes und die Natur des Menschen war in Jesus Christus „ungetrennt, ungesondert, unvermischt und unverwandelt“.

Interessant finde ich übrigens, dass das Neue Testament an keiner Stelle den Versuch startet, uns diese Tatsache näher zu erläutern. Dass Jesus Mensch und Gott zugleich war, wird uns schlicht als eine göttliche Realität mitgeteilt, die wir im Glauben annehmen können oder aber eben ablehnen. Und ich habe den Eindruck, dass es Gott eher darum geht, dass wir diesem Geheimnis als Tatsache vertrauen lernen, als dass wir die „Methode“ und das „Wie“ dahinter vollkommen verstehen. Die biblischen Aussagen lassen jedenfalls keinen Zweifel zu, dass Jesus Christus einhundertprozentig Mensch und gleichzeitig einhundertprozentig Gott war.

Musste Gott denn erst Mensch werden, um uns und unsere Lebensumstände besser zu verstehen?
Ich bin sicher, dass Gott zu jeder Zeit wusste, wie seine Menschen „ticken“ und was sie bewegt. Meiner Meinung nach musste Gott nicht erst lernen, was es heisst, Mensch zu sein. Der Gedanke, der sich dahinter verbirgt, ist wohl vielmehr der, dass wir uns nun sicher sein können, dass Gott uns auch wirklich versteht. Aber auf jeden Fall hat er nun das menschliche Leid ganz konkret auch auf unserer Ebene durchlebt.

Was hat es für Gott bedeutet, Mensch zu werden?
Sicher kann sich niemand wirklich vorstellen, wie sich das für ihn angefühlt haben muss. In der Bibel im Brief an die Philipper lesen wir im 2. Kapitel, dass Jesus Christus „göttliche Gestalt“ hatte, was bedeutet, dass er Gott in Wesen und Natur gleich war. Doch statt sich an seine Herrlichkeit zu klammern, die er im Himmel besass, liess er sie los. Der Erschaffer und Herr des Universums demütigte sich, wurde ganz klein und wurde ein Mensch, um uns nah kommen zu können. Als Gott-Sohn fand er stets seine Freude und Erfüllung darin, den Willen des Gott-Vaters zu tun. Und ganz besonders da, wo es um unsere Erlösung ging.

Einmal sagte Jesus: „Der Sohn ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld zu geben für viele.“ Ohne Frage war der Tod durch die Kreuzigung der tiefste Punkt der Entwürdigung, der Scham und der Unbedeutsamkeit, den die damalige Kultur kannte. Und doch wurde genau dieses Kreuz zum Brennpunkt der Erlösung. In Jesus Christus stieg Gott ganz tief zu uns herunter, um uns zu befreien.

Gerade mit diesem Aspekt des christlichen Glaubens haben viele so ihre Probleme. Wenn Gott allmächtig ist, hätte er uns da nicht auch erlösen können, ohne ans Kreuz zu gehen?
Die Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass es der einzige Weg war, auf dem Gott uns retten konnte. Ganz davon abgesehen glaube ich persönlich, dass Gott eine weniger „kostspielige“ Alternative gewählt hätte, wenn es sie gegeben hätte.

Ein Gedanken, den wir der Frage nach dem Kreuz voranstellen müssen, ist folgender: Durch die gesamte Bibel hindurch offenbart Gott sich als der Heilige, der Vollkommene. Heiligkeit umschliesst aber eben auch vollkommene Gerechtigkeit, die nichts Ungerechtes, Unheilvolles und Zerstörerisches dulden kann. Gerechtigkeit wäre nicht mehr gerecht, wenn sie es täte. Also muss Gott uns Unheilstifter zur Verantwortung ziehen. Denn Gerechtigkeit fordert Wiedergutmachung für geschehenes Unrecht. Im Römerbrief heisst es in Kapitel 8: „Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle in den Tod gegeben.“ Dies ist eine unglaubliche Aussage über die Liebe Gottes! Die Worte „nicht verschont“ sollen uns deutlich machen, dass er uns auch alles andere gegeben hätte – doch alles andere war nicht genug. Das grösste Geschenk, als tiefsten Ausdruck seiner Liebe, machte er uns damit, dass sein Sohn unsere Sünden wegnahm, indem er unsere Strafe auf sich nahm.

Sünde, Gerechtigkeit, Versöhnung, neues Leben – können Sie erklären, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt?
Gottes Plan war es, dass der Erlöser unter den gleichen Bedingungen leben musste, wie die Menschen. Da wo einst der erste Mensch Adam versagt hatte, sollte er es richtig machen. Darum nennt die Bibel Jesus auch den „letzten Adam“. Dazu erfordert die Vollkommenheit des himmlischen Vaters, dass Vergeltung von Schuld nur von einer schuldlosen und ebenso vollkommenen dritten Partei erwirkt werden konnte. Jesus Christus, der ein Leben frei von jeglicher Schuld geführt hatte, war diese Person. Weil er selbst schuldlos war, konnte er mit seiner Lebenshingabe am Kreuz die Basis für Vergebung und ein neues Leben für die Menschen schaffen. Ohne diese Tat wären wir für Gott verloren. Darum sollte niemand die Bedeutung des Kreuzestodes und der Auferstehung schmälern.

Aber das ist nicht alles. Durch seinen Tod hat Jesus nicht nur Vergebung erwirkt, sondern die Grundlage für Gemeinschaft zwischen sich und den Menschen gelegt. Das Kreuz ist nicht nur Ort der Versöhnung, sondern es wird quasi zum „Eintrittstor“ in diese lebensspendende Gemeinschaft mit Gott selbst – und das für jeden, der Jesus als seinem Erlöser vertraut.

Wenn ich in diese Gemeinschaft eintrete, wird etwas in mir ganz neu. Die Bibel benutzt dafür ein Bild: Sie spricht davon, dass man ein „neues Herz“ bekommt. Mit einem Mal ist der heilige Geist die treibende Kraft und nicht länger unser Ego. Der Glaubende erlebt es, dass es plötzlich sein tiefstes Verlangen ist, Gott zu lieben, zu ehren, zu verherrlichen und ihm zu dienen – genauso wie einst Jesus den himmlischen Vater ehren wollte.

Warum sieht man denn davon häufig so wenig im Leben von Christen?
Weil das alles nicht sofort, sondern in einem Prozess geschieht. Der Mensch wird zwar im Augenblick seiner Umkehr zu Gott innerlich vollkommen erneuert, aber es braucht seine Zeit, bis sich das auch äusserlich zeigt. Und abgeschlossen wird dieser Prozess erst dann sein, wenn Jesus Christus wiederkommt.

Die Sünde bleibt trotzdem ein Teil der menschlichen Natur. Sünde ist eine gewaltige Kraft, die um das Herz kämpft. Und obwohl sie durch Jesus Leben entthront wurde, wurde sie noch nicht gänzlich zerstört. Sie ist immer noch da und bekämpft uns und Gott, indem sie einem von Gott ablenken will. Von Zeit zu Zeit schafft sie es, auch Gläubige aus der Bahn zu werfen und Gott nicht zu folgen. Aus diesem Grund müssen wir auch die Bitte Jesu im Vaterunser ernst nehmen: „Und vergib uns unsere Schuld ...“ Jeden Tag tut auch ein Christ Dinge oder denkt Gedanken, die vergeben werden müssen.

Und wie sieht Christsein ganz praktisch im Alltag aus?
Die Charaktereigenschaften Jesu sollten jene die Christen geworden sind prägen. Es geht um das, was Paulus in Galater 5,22 als „Frucht des Geistes Gottes“ bezeichnete: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Bescheidenheit und Selbstbeherrschung. All diese Eigenschaften sind in Jesus Christus personifiziert. Man sollte leben, wie er gelebt hat, tun, was er getan hat.

Klingt gut, aber nicht einfach.
Ganz klar: Auch wenn der heilige Geist in einem Christ lebt, ist man als Person gefragt. Gewisse „geistliche Übungen“ wie Gebet, Bibellesen oder Selbstprüfung sind nötig, um den Charakter Jesu in sich auszubilden. Gott wirkt das Gute, aber er braucht auch Mitarbeit. Ich habe in Predigten den heiligen Geist oft als unseren Trainer beschrieben. Er sagt uns: „Sieh auf Christus, sieh wie er es macht“, und er prüft mit uns anhand des Wortes Gottes, was wir tun, ob wir es richtig tun und ob unsere Motive stimmen.

Das christliche Leben erscheint vielen nicht attraktiv, weil es eben auch nach Verzicht und Arbeit klingt. Die Wahrheit aber ist, dass der Reichtum, den Jesus gibt, mit nichts vergleichbar ist. Das Leben mit Christus ist enorm lebenswert, enorm voller Freude, enorm erfüllend. Kein Leben kann das Leben eines Christen an Qualität übertreffen.

      Autor: Dr. James I. Packer ist Professor für Systematische und Historische Theologie. Zunächst lehrte er für drei Jahrzehnte in England (unter anderem in Oxford) bis er 1979 ans renommierte Regent College in Vancouver/Kanada wechselte. Der Mitherausgeber des Magazins „Christianity Today“ gehört zu den angesehensten Theologen weltweit. Packer ist verheiratet, Vater von drei erwachsenen Kindern, und liebt klassischen Jazz. Neben seiner Lehrtätigkeit ist James Packer als Autor für verschiedene christliche Magazine sowie als Buchautor tätig. Vor allem sein Klassiker „Gott erkennen“ wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.


MACH ES WIE GOTT:
WERDE MENSCH...



    Es geht nicht an,
    dass Gott Mensch wird
    und alles bleibt
    wie es ist. Es geht nicht an,
    dass Gott Mensch wird
    und kein Mensch
    lässt ihn ein. Es geht nicht an,
    dass Gott Mensch wird
    nd kein Mensch
    wird anders. Es geht nicht an,
    dass Gott Mensch wird
    und die Welt
    geht ihren Gang. Es geht nicht an,
    dass Gott Mensch wird
    und Kinder
    weinen noch immer.

    Es geht nicht an,
    dass Gott Mensch wird
    und Menschen
    abseits stehen müssen. Es geht nicht an,
    dass Gott Mensch wird
    und keinem
    Menschen geht ein Licht auf.

    ( Werner Schaube, Weihnachtspuzzle, Freiburg 1982 )