Referat - vorgetragen im Februar 2004
nicht-
korrigiertes Manuskript (12. Februar 2004)

    CON-FIRMATION oder CON-FUSION
    Con firmare = befestigen, stärken - aber was?

    Nachgeschlagen
    nachgetragen
    nachgedacht

    nach...

        (Lexikon1) In den protestantischen Kirchen seit der Reformation übliches Gegenstück zur katholischen Firmung. Wegen der Kindertaufe war in den christlichen Kirchen eine erneute, nun vom Betroffenen selbst zu fällende Entscheidung für Christus und seine Kirche erforderlich geworden. Die Konfirmation ist die feierliche gottesdienstliche Bestätigung dieser Entscheidung, der ein zwei-, in einigen Landeskirchen nur noch einjähriger Konfirmandenunterricht vorausgeht und die gewöhnlich im Alter von 14 oder 15 Jahren getroffen wird. Durch Handauflegen, Gebet und Zusprechen des göttlichen Segens mit einem Konfirmationsspruch aus der Heiligen Schrift (daher auch die Bezeichnung „Einsegnung“) durch den Pastor wird der Konfirmand als aktives Mitglied in die Gemeinde aufgenommen und darf das Abendmahl empfangen (in einigen Landeskirchen ist dies nicht an die vorangegangene Konfirmation gebunden).

        (Lexikon2) ev. Kirchen: die feierliche Aufnahme junger Christen (in der Regel im Alter von 14 Jahren) als Mitglieder der Kirchengemeinde mit allen Rechten und Pflichten; ihrem theologischen Selbstverständnis nach das Bekenntnis der Konfirmanden zu ihrer Taufe.

        (Lexikon 3) Konfirmation (von lat. confirmatio "Befestigung, Bekräftigung") ist eine feierliche Segenshandlung der evangelischen Kirche. Im Rahmen eines Festgottesdienstes bestätigen Jugendliche im Alter von etwa 14 Jahren das Glaubensbekenntnis, das ihre Eltern und Paten stellvertretend für sie bei der Taufe gesprochen haben, und empfangen den Segen sowie einen biblischen Konfirmationsspruch als Lebensmotto. Danach (heute oft auch am Vorabend oder zu einem anderen geeigneten Zeitpunkt) nehmen sie zum ersten Mal am Abendmahl teil.

      Die Vorbereitung auf diesen Tag dauert in der Regel zwei Jahre. Die Konfirmation ist gewöhnlich mit einem Familienfest und Geschenken verbunden.

      Namen und Ursprung hat diese Feier mit dem katholischen Sakrament der Firmung gemeinsam, dessen lateinischer Name ebenfalls confirmatio ist.

       

      Konfirmation in Deutschland gibt es seit... das muss je nach Landschaft selbständig beantwortet werde:
      1534 in Hessen (Ziegenhain) als Reaktion auf die schwärmerische Wiedertäuferbewegung
      und schließlich erst
      1832 in Hamburg als Antwort auf die städtisch abgleitende Sozialsituation.
      Die Zeit der Vorbereitung auf die Konfirmation umfasst in Deutschland von Anfang an einen Zeitraum... von sechs bis 24 Monaten.
      Die Inhalte der Konfirmandenunterweisung haben als einzigen gemeinsamen Nenner....
      die Hinführung zum Abendmahl.

      Ganz am Anfang steht die Taufe der mündigen, der eigenständig denkenden und handelnden Menschen, sie entscheiden sich für den Weg mit Gott, der ihnen durch Jesus Christus gezeigt und vorgelebt wird.

      Aus der sich schnell entwickelnden Praxis, dass sich ganze Familien taufen lassen, entsteht im Blick auf die damit vollzogene Kindertaufe die Verpflichtung an den erwachsenen Christen in der Familie, dem unmündigen Kind mehr und mehr intellektuell in die Welt des christlichen Glaubens einzubeziehen,

      Mit dem Übergang dazu, dass sich das Christentum mit einem falsch verstandenen Missionsauftrag als vorgeschriebene Glaubensebene in die Gesellschaft drängt, schwindet die gemeinschaftliche Verantwortung für die Glaubensvermittlung und wird ausgetauscht durch eine globale Instruktion. Die sogenannte Sonntagsheiligung, die verschiedenen nahezu ausschließlich von den Herrschenden initiierten Bitt- und Dank-Tage übernehmen aufgebläht und belehrend die Stellung des ursprünglich mehr persönlichen Glaubenszeugnisses; eine vermeintliche Verstärkung erfährt diese Variante durch das Herausstellen einzelner Personen („Heiliger“), die in ihrem per Legende überzeichneten Leben als Vorbild dienen sollen... Teilweise führt dies sogar dazu, dass diesem Personenkult durch ein Überangebot an verfügbaren Heiligen ein nahezu heidnischer Überraum zur Verfügung gestellt wird und die biblische Botschaft des Neuen und Alten Testamentes auf einen winzig kleinen Kreis der klerikal Gelehrten beschränkt bleibt.
      Christliches Leben verläuft mehr automatisch/chronologisch und weniger oder gar nicht in bewusster Reflexion. - Die Verwahrlosung erfährt bis zur Reformation eine allmähliche Steigerung, so dass die „Gute Nachricht“ in den Bürger- und Dorfkirchen in den Predigten bestenfalls sich als belangloser Sermon oder Beschimpfung darstellten. - Gleichzeitig bildet sich in den Städten über die ersten Universitäten außerhalb von Bischofs- oder Fürstenresidenz eine Bildungsgesellschaft neben der staatlichen und klerikalen Elite.

      Eine wirkliche Entscheidung konnte nicht stattfinden - außer dieser: Du bist in der Gesellschaft integriert oder Du bist schon zu Lebzeiten eine vollkommene Unperson, sogar in dem heiligen Bezirk Deiner Seele, weil Du keinen finden wirst, der dir priesterlichen Beistand gewährt - wenn Du nicht getauft bist und dazu gehörst!

      Im Zusammenhang mit der Reformation und ihrem Gefolge kommt es zu gleichzeitigen Aufdeckung, dass bis in die Pfarrhäuser ein Übermaß an Unkenntnis im Blick auf dogmatische Grundaussagen anzutreffen war und gleichzeitig die Menschen in den Kirchen spürten, dass ihnen wesentliches für ihren Glauben vorenthalten worden war. Biblische Texte wurden erstmals in deutscher Sprache verlesen und bekamen im Ohr des Hörenden einen neuen Klang, es waren Gebete, die der eigenen Sprache näher waren, es waren Predigten, die von der Liebe Gottes zeugten. Und die Aussagen der Prediger konnten mehr und mehr überprüft werden. Der deutschsprachige Katechismus galt als gemeinsame Grundlage.

      Im Rahmen der ersten Visitationen wurde dann festgestellt, dass es neben vielen anderen Defiziten auch und besonders im Blick auf das Sakrament des Heiligen Abendmahls eher ein Nicht- und Falschwissen gab. Neben der Examinierung der amtierenden Pfarrer wurde auch eine Form der Wissensvermittlung und -überprüfung für die Gemeindeglieder ins Leben gerufen, die sich zunächst nur zur Aufgabe gemacht hatte:
      In jedem christlichen Haushalt sollte des morgens und des abends eine kurze Andacht gehalten werden, in deutscher Sprache, mit durchaus vorformulieren Texten. Den bereits des Lesens kundigen stand bald das Gebetbuch (Gesangbuch) als Hilfe zur Verfügung, gleichzeitig sollte mit Blick auf das für die Vermittlung besonders schwer erscheinende Thema Abendmahl die jungen Leute im Alter von etwa 13 Jahren ein halbes Jahr im Pfarrhaus unterwiesen und danach als Katechumenen geprüft werden. Die übrige religiöse u. biblische Unterweisung war der Schule zugewiesen, während die Eltern zur Pflege und Vermittlung christlichen Brauchtums im Alltag aufgerufen waren - vom Gebet bei Tisch bis zur „Kirmes“ - Dass sich hier bereits ein Denkfehler verbergen musste, wurde schon sehr früh sichtbar, aber schon zu dem Zeitpunkt wurde eine wesentliche Entwicklung zu großzügig übersehen.

      Selbst unter den damals verfügbaren gesellschaftlichen Druckmitteln war es nicht zu vermeiden, dass die Katechumenen je nach Wetter-, Wirtschafts- oder sonstigen Lagen nur sporadisch am Unterricht im Pfarrhaus teilnahmen - und Ermahnungen der Eltern durch den Pfarrer waren auch da schon eher fruchtlos; - wie aber auch aus den wenigen - [mir bekannten] - Aufzeichnungen hierzu hervorgeht, blieb die Ermahnung und die angedrohte Sanktion darum fruchtlos, weil die Obrigkeit (besonders die innerkirchliche) eher dem Konflikt aus dem Wege zu gehen bemüht war und eher den Pfarrer in die Schranken verwies, als auf die Einhaltung der selbst erlassenen Kirchengesetze wert zu legen.

      So konnte es auch damals bereits geschehen, wenn Bürgersohn Wilhelm seinem Vater in der Werkstatt bei der Arbeit helfen musste, weil der Geselle abhanden gekommen war, dass trotz übermäßiger Fehlstunden und verpatzter Prüfung vor der Gemeinde, die Prüfung beim Superintendenten genehmigt war und so gestaltet wurde, dass sie bestanden werden konnte. - Dass gleichzeitig im Nachbarort Bauernsohn Wilhelm aufgrund des schweren Feldunfalls seines Vaters eine gleiche Begünstigung erfahren müsste, war nicht zu erwarten - Da beide Konfirmanden voneinander nichts wussten, blieben diese eher unchristlichen Wege im kirchlichen Verwaltungskanal dem Feld der Gerüchte überlassen - und standen erst später den Historikern zur Verfügung.

      Im Verlaufe der Zeit bis (spätestens) 1918 war die örtliche Entwicklung geprägt von der Stellung der Schule am Ort zum Pfarrhaus. Das hatte Auswirkungen auf die Form und den Inhalt des zeitlich inzwischen ausgedehnten Konfirmandenunterrichts. Spätestens nach dem I.Weltkrieg wurde der Konfirmandenunterricht als eigenständige Größe vollständig in das Pfarrhaus verlagert - oder besser gesagt: beinahe vollständig (siehe Springe 1962: Vor-KU im Stundenplan der Hauptschule, geleitet vom Ortspastoren!)

      Aus den Berichten dieser Konfirmandenjahrgänge wird jedoch auch eine übermäßige Diskrepanz erkennbar, die zwischen Anspruch und Wirklichkeit schon zu der Zeit vorlag.

      Den Pastoren (und zunächst sehr wenigen Diakonen) war es aufgetragen: die Hauptstücke des Katechismus den Konfirmanden unterrichtend zu vermitteln. Dieser Auftrag fußte auf der Grundvorstellung, dass die zu Unterrichtenden ein Fundament an ersten religiösen Erfahrungen vermittelt durch die Familie in sich tragen, diesem sollte nun ein konkretes, dogmatisches Wissen hinzugefügt werden. - Die Wirklichkeit in den Familien sah bereits spätestens ab 1920 ganz anders aus. - Ein Folge davon war, dass zum Beispiel auch „auf dem Lande“ ein Kindergottesdienst angeboten wurde.

      So erbrachten die den Konfirmanden durchaus vertrauten Lehr- und Lernformen zwar zur jeweiligen Prüfung das überwiegende Ergebnis „bestanden“, jedoch war es ein Wissen ohne gelebten Inhalt. (heute durchaus vergleichbar mit den Pflichtvorlesungen in den DDR-Hochschulen zum Themenbereich Sozialismus und Kommunismus). Mit einem wirklichen Ernst - oder besser gesagt: - Sachverstand sind die Unterrichtenden leider in den wenigsten Fällen ans Werk gegangen, sonst hätte ihnen einerseits die Diskrepanz ihres Unternehmens mehr als nur bewusst werden müssen (als Folge davon Anpassen der Methoden, Inhalten und Gruppengrößen) - Eher traten die Pfarrer die Flucht nach vorne an: In viel zu vielen Aufzeichnungen aus dieser Zeit lassen sich Fluchterscheinungen ablesen: Der Lehrer vertritt sporadisch den Pfarrer- der Pfarrer schickt die Konfis zum Äpfelsammeln in seinen Garten - der Pfarrer lässt drei Konfis sein defektes Fahrrad aus dem Chausseegraben holen - die Konferstunden umfassen oft genug nur 30 Minuten - ...

      “Der Konfirmandenunterricht ist für viele unter uns Pfarrern die Stelle in ihrem Amtsleben, wo uns dessen Not und Drangsal am unausweichlichsten begegnen. ... Hängt es vielleicht damit zusammen, dass wir in unseren Unterrichtskindern in einem ganz anderen Maße, als es bei unseren wohlgesitteten, mehr oder weniger eifrigen Kirchgängern der Fall ist, ein Stücklein Welt vor uns haben, unsortierte, ungesiebte Welt, Gassenwelt, Lehrlingswelt, Welt wachsender Erotik und beginnender Flegeljahre? [...] Manch einer, der am Sonntag auf seiner Kanzel von Sieg zu Sieg eilt oder jedenfalls zu eilen meint, eilt in der Woche in seinem Unterrichtszimmer von Niederlage zu Niederlage. Das ist ein Zitat aus einem Vortrag, den Eduard Thurneysen vor 80 Jahren (ca. 1920) bei einem Pfarrertag in Bern gehalten hat. (Eduard Thurneysen, 1971)

      Im Rahmen eines religionspädagogischen Projektes werden Jahr 1992 hauptberuflich Mitarbeitender eines Kirchenkreises zu Stichworten des von ihnen zu verantwortenden Konfirmandenunterrichtes befragt. Ergebnis: nahezu die Hälfte der anonym befragten Personen geben ohne Umschweife zu erkennen, dass sie mit Furcht zu den Gruppenstunden gehen; von diesen versuchen es außerdem etwa 50% sich vorher mit Alkohol oder Tabletten zu beruhigen.
      Die zeitgleich durchgeführte Aufgabe an die Konfirmanden, in einer persönlichen Schilderung sich an einen „Weg zum Konfer“ zu erinnern erbringt aus fünf Kirchengemeinden ein über die Maßen ernüchterndes Bild. Gerade mal zehn Prozent der Konfirmanden schildern im ersten Halbjahr eine Form von schwacher Begeisterung oder Neugier.

      Konfirmation ist rückblickend erkannt seit einer viel zu langen Zeit mit einem Schleier der schönen und einer grusligen Illusion behaftet.

      Jugendliche versuchen die Konfirmandenzeit seit mindestens 150 Jahren (Aufzeichnungen aus dem Landkreis Linden belegen dies) als eine Zeit des Frustes und der „vergeudeten Zeit zu beschreiben und übertragen diesen Virus von einem Jahrgang zum nächsten.

      Eltern formulieren offen in Gegenwart Ihrer Kinder gewissermaßen als transformierender Verstärker: „Ich habe damals auch beim Pastor den Hühnerstall ausmisten müssen, da wirst Du die zwei Jahre auch rumkriegen!“ und die Großelterngeneration erinnert in den Gesprächen mit ihnen gerne an die Streiche und die skurrilen Nebenerscheinungen, die an der Person der Pastoren oder dessen Ehefrau oder des Kantors oder später dann auch des Diakonen festgemacht werden. Das sogenannte Memorieren wird überhöht und damit nachträglich als „geschadet hat es uns auch nicht!“ unbewusst verurteilt.

      Soweit an dieser Stelle Rückschau gehalten werden mag: es bleiben Illusionen, die als Tatsachen verkauft werden, an denen festgehalten wird, ohne wirklich hinzusehen und eine Veränderung anzustreben:

      Die Paten haben in der überwiegenden Zahl ihr Amt als Helfende in der Glaubensentwicklung niemals versucht wahrzunehmen - in neuerer Zeit besagen die Aussagen, dass es ihnen bei gutem Willen sogar verwehrt, von den Eltern des Kindes in Einzelfällen sogar verwehrt wird. - In den Letzten Jahren ist eine zunehmende Zahl von Konfirmanden anzutreffen, die im Extremfall von gar keinen Paten wissen, oder deren Paten sich schon seit Jahren nicht mehr haben sehen lassen - trotz Ortsnähe. - Dagegen stehen die sachorientierten Anforderungen schon seit langer Zeit an oberster Stelle für das Dasein der Paten: Das Gerücht von dem Eintreten der Paten als Ersatzeltern im Todesfall der Eltern hält sich trotz irgendwelcher Hinweise auf eine derartige Praxis. Erwachsene Formulieren gerne stehende Regeln wie, „Der Pate ist für den Konfirmationsanzug des Jungen [resp. Bei den Mädchen das Kleid o.ä.] zuständig.“ Die Paten finanzieren auch die Hälfte des Führerscheins.

      Versuche, die Konfirmandenzeit durch das Aufbrechen der alten Krusten von möglichst allen Mythen und Illusionen zu befreien sind in den zurückliegenden Jahren eher ins Leere gegangen und eignen sich bestenfalls für einen Lacherfolg: Wenn zum Beispiel in der Kirchengemeinde AbCDorf bereits 1967 per KV-Beschluss eine neue Konfirmandenordnung erlassen wurde in der ausdrücklich das Memorieren von Texten abgeschafft wurde und auch die Praxis daran ausgerichtet wurde - bis heute! - so erleben es die dort beruflich tätigen auch heute noch, dass die Frage gestellt wird: „müssen wir auch was auswendig lernen?! - Eine Generation später! Oder wenn es jedes Jahr in den Wochen vor der Konfirmation von den Mädchen und Jungen fragend heißt: „Müssen wir dann etwas aufsagen?“ (Gedacht wird dabei meist an den Konfirmationsspruch Wobei sich in der Nachforschung kein einziger Hinweis finden lässt, der auf solch eine Tradition hinweisen könnte.

      Die Konfirmandenzeit hatte eigentlich immer „nur“ den Scheinheiligen-Anstrich der Pflichterfüllung und der Untertitel lautete „Weil das immer so war!“ Die Folgen sind als Legenden längst bekannt und finden bis in die jüngste Zeit Bestätigung und Bekräftigung: Die nahezu berüchtigte neue Hose [früher auch der Rock] wird schon im ersten Halbjahr am Tag gekauft, wenn die Konfirmandengruppe sich trifft, verbunden mit der Verblüffung, dass das Kind dann ja in der Stunde vorher oder hinterher am selben Tag kommen könnte, doch stellt sich dann heraus, dass weder Eltern (hier meist die Mutter!) und Kind heute einfach mal Konfer ausfallen lassen könnten. Eine neue Dimension nehmen die Geburtstagsfeiern an - dabei geht es gar nicht mal um die in der eigenen Familie, sondern irgendwelche Freunde, für die dann am Nachmittag noch das Geschenk gekauft werden muss; Dass hierfür die Eltern sogar bereit sind eine schriftliche Entschuldigung nachzureichen, beweist die Schieflage des ganzen Systems. Den allergrößten Druck übt seit etwa 15 Jahren zunehmend das Stichwort Schule aus. Für morgen anstehende Klassenarbeit, schon seit vierzehn Tagen terminlich bekannt muss ausgerechnet heute Nachmittag geübt werden, weil am späten Nachmittag noch die Trainingsstunde beim Verein und danach der Kinobesuch mit den Eltern oder mit wem auch immer anstehen. - Das sind keine Einzelfälle im kleinen Umfang, sondern es hat Dimensionen angenommen, die kaum noch Spielraum für den Einzelfall zulassen. Spitze des Eisberges ist darin das Stichwort „Konfer-Fahrt“

      „Fahren wir da auch mal!“ heißt es in den ersten Wochen - „steht schon auf Eurem Plan!“ lautet dann die banale Antwort - „Wohin fahren wir?“ - auch nachlesbar - „Können wir vier dann in einem Zimmer...“ - Dann stellt sich irgendwann heraus, dass in der Sowiesoarena das Konzert der PopGruppe Xys stattfindet, Karten sollen geordert werden und die Eltern werden bekniet bloß nicht auf den Gedanken zu kommen als Begleiter mitfahren zu wollen, dann fällt die Fahrt vielleicht aus, weil es zu wenige Teamer sein werden. Eltern stimmen dem Kartenkauf nicht zu, aber haben sowieso keine Zeit zum Mitfahren, weil sie arbeiten müssen - „kann da nicht Frau Sowieso vom Letzten Mal mitfahren, die hat doch dann schon Erfahrung damit?!“ - nein, sie hat keine Kinder in der Gruppe, Sie sind angefragt, - „nein, ich muss Arbeiten!“ - „ich komme erst zu spät von der Arbeit!“ - wenige Tage vor der Abfahrt meldet ein Vater noch seinen Sohn ab, weil die UrGroßmutter in Berlin doch an einem der Tage Geburtstag hat, - doch weiß der Vater noch nicht mal eine vernünftige Antwort auf die Frage zu geben, seit wann sie wüssten, dass dieser Geburtstag ansteht - dafür lesen alle Menschen am Montag drauf, dass der Sohn im Dorf beim großen Fest einen Preis gewonnen hat (und offenbar nicht zur UrGroßmutter in Berlin gefahren war).

      Zu Beginn der Konfirmandenzeit wird den Eltern und Konfirmanden mitgeteilt, zu welchen Grundbedingungen das ganze stattfinden wird: regelmäßiges Erscheinen, eigene Bibel, Gesangbuch, Schreibmappe, Schreibzeug. Es dauert bis zu einem halben Jahr, bis die letzte Konfirmandin alles beieinander haben, dafür bringen einige „ersatzweise“ die Bibel der Mutter mit, die in Frakturschrift gehalten ist und nicht für den jungen Menschen lesbar (einmal konnte selbst die getestete Mutter den Text nicht flüssig vorlesen, weil „das F und das S ja so schwer auseinander zu halten sind!“) - seit der Einführung des neuen Gesangbuches kommen in gar nicht wenigen Fällen versuchsweise das alte EKG und einmal sogar der vom Vater ausgeliehene Gotteslob zum Einsatz. Und parallel dazu beginnen die ersten Konfirmanden schon wieder, dieses und jene Handwerkszeug „zu vergessen“. Sie haben die Sportsachen für das Training schon dabei - aber die Sachen für den Konfer haben sie nicht finden können. (eine Pflichtspende pro vergessenes Stück helfen um guten Sinne das Gedächtnis unterstützen)

      Dies alles kann als Anekdotenreihe verstanden werden, zeigt aber viel mehr ein deutliches Bild über den Stellenwert der Konfirmation. Dazu ein letztes Beispiel aus einer Gemeinde, die lange Zeit mit dem sogenannten Kursmodell versuchte Punkte zu sammeln. Für die „ganz vergesslichen“ gab es in der jeweiligen Endphase des jeweiligen Jahrganges als letzte Chance für Nachzügler sogenannte Holzhammerkurse. Büffeln, Auswendiglernen, Texte schreiben. Als dann zwei Jahre hinter einander ausgerechnet diese Termine durch freiwillige Anmeldungen überfüllt waren und nachgeforscht wurde war die knappe Antwort: „warum nicht, steht doch im Plan drin, und da muss man wenigstens nichts machen!“ Das war einer der Auslöser für das stetiger Aufgeben des Kursmodells.

      Gleichzeitig muss anerkannt werden, dass die Leistungsbereitschaft durch die erheblich zugenommenen Anforderungen durch den Schulbetrieb (auch seitens der Eltern!) es kaum noch verantwortbar erscheinen lässt, nach der achten Schulstunde eine hohe Aufnahmebereitschaft bei einem 12-17jährigen zu erwarten - zudem mit einem wöchentlich 60 oder 120 Minuten Angebot als extreme Insel des Alltags... Hier besteht allerdings schon seit vielen Jahren Handlungsbedarf!

      Im Blick auf die Konfirmation ist eine wirkliche Neubesinnung dringend erforderlich - schon seit mindestens 1922! Nun wird Kirche dazu gezwungen.

      Im Blick auf das oben Zusammengeraffte ergeben sich gewiss mehrere Denkrichtungen.

      Ausgangslage ist die Feststellung:

      • Die Konfirmation nach der Idee von Bucer und Calvin hat ihren Inhalt irgendwann vor langer Zeit verloren.
      • Die Konfirmation als tatsächlicher Schritt der rechtlichen Kirchenmitgliedschaft hat nur noch Papierwert (die gängige Praxis bestätigt dieses durchgehend! - Außer in dem Kirchenbuch der Gemeinde, in dem die Konfirmation stattfand und in wenigen Fällen im Kirchenbuch der Wohngemeinde gibt es noch immer kein amtlich aktuelles Verzeichnis der konfirmierten Christen; obwohl es längst technisch machbar ist, und es gibt keine Bestrebungen daran etwas zu ändern!)
      • Die Konfirmation soll ein selbstbestimmter Akt der öffentlichen Glaubensäußerung sein. Staatliche Gesetzesregelungen gestehen in Deutschland einem Menschen ab dem 14ten Lebensjahr diese eigenständige Vorgehensweise und Entscheidung zu.
      • Die Grundlage für einen „geordneten christlichen Glaubensweg“ bilden neben dem Wissen um das Wirken des Jesus Christus und das Wissen um exemplarische Gotteserfahrungen (aus AT u. NT und zeitnäherer Personen) nachvollziehbare Glaubensübungen ab dem Kindesalter.
      • Jede Altersstufe in der Entwicklung eines wachsenden Menschen erfordert neue persönliche Zugänge zur der Glaubenswelt. Eine solche Entwicklung erfordert auf allen Stufen das Angebot der angemessenen Begleitung.
      • Umbruch- und Konfliktsituationen erfordern eine sehr einfühlsame und methodisch offene Begleitung des betreffenden Menschen.

      Konfirmation sollte darum in mehreren Entwicklungsschritten erlebbar sein:

      1. Taufe (5.-7.Lebensjahr) mit begrenzten Vorbereitungsangebot Kinder-Elterngruppe (z.B. vier kindgemäße Themennachmittage)
        und/oder (noch besser) Kinder-Eltern-Wochenende, die durchaus den Orts- und damit den Gemeindebezug herstellen und keine Flucht nach außerhalb verkörpern - damit auch ein Gegenpol zur Reisegesellschaft darstellen
      2. Tauferinnerung (5.-9.Lebensjahr) - einmal im Jahr Samstagnachmittag/Sonntagvormittag - oder ganzer Sonntag - Zielgruppe: Familie
      3. Abendmahl (9.-11.Lebensjahr) - im Pfarrhaus wird am Freitag- /oder Samstagnachmittag ein „Festessen“ vorbereitet und dann am Samstag- /oder Sonntagmittag erlebt. In dem Essen sind genau die Elemente des sonntäglichen Abendmahls deutlich erkennbar eingebettet. - Und an einem folgenden Sonntag wird das Abendmahl mit der versammelten Gemeinde gefeiert.
      4. Glaubensversuche“ - Entdeckung und Wahrnehmung (ab. 12. Lebensjahr, prophylaktisch auch für Altersgruppen 16-19J / 20-25J)
        “fundamentale“ Einführung in christliche Glaubensinhalte.

      Denkbar wäre für die o.gen. Schritte das Bild der Leiter (Punktesystem). Wer sich zur Konfirmation (frühestens mit 14 Jahren) anmelden möchte, muss bestimmte Voraussetzungen (Punkteminimum) erfüllt haben.

      Innerhalb dieser Schritte sind Ergänzungen denkbar und werden vielleicht auch bei konkreterem Ausgestalten als notwendig angesehen werden. Hier gilt es zwei Ebenen außerhalb von „Konfer“ Rechnung zu tragen:

      1. Der zusehens geringer werdende Kreis der hauptberuflich Mitarbeitenden und der damit notwendig werdende Mehreinsatz von ehren- und nebenamtlich Mitarbeitenden.
      2. Die zumindest zur Zeit eher als konfus sich umgestaltende Schullandschaft erfordert eine Konzentration für Angebote an Schulpflichtige (zumindest ab Klasse 5) auf maximal einen einzigen Wochentag im Einzugsbereich einer (beliebigen) Schule - und dieser Spezial-Zeitraum muss im Einzugsbereich mehrerer Schulen überhaupt nicht identisch sein, zumal Schule sich nur noch in wenigen Ausnahmefällen als gesellschaftlicher Partner der Kirchen (und Vereine u. Verbände) sieht. (Hier wurde ein alter Grundkonsens ohne zwingende Notwendigkeit aufgegeben!)

      Beide Punkte zusammen lassen noch nicht einmal eine verantwortbare und damit auch keine realistische regionale Kooperation der vorhandenen Personale zu.

christel prüßner
hannover, januar 2004